Dirigent Pappano: Brexit macht auch der Klassik zu schaffen

Der langjährige Chefdirigent des Londoner Opernhauses, Sir Antonio Pappano, übernimmt ab Herbst das London Symphony Orchestra. Warum es klassische Musik in Deutschland leichter hat als in Großbritannien.

 Sir Antonio Pappano, britischer Dirigent und Pianist, hat den Brexit als einen Riesenfehler bezeichnet. Das Vereinigte Königreich befinde sich insgesamt in einer schwierigen Lage. Auch die Planung sowie Umsetzung seiner derzeitige Deutschland-Tour mit dem London Symphony Orchestra (LSO) sei durch den EU-Ausstieg nicht leichter geworden, sagte der 64-jährige Dirigent der “Süddeutschen Zeitung” (Montag). “Genau wie es weniger italienische Kellner in den Lokalen gibt, bewerben sich auch weniger Musiker vom Kontinent für Stellen in Großbritannien.”

Auch wenn er aus voller Überzeugung sagen könne, dass es künstlerisch ungeheuer befriedigend sei, in einem Orchester wie dem LSO zu arbeiten, gebe es anderswo entspanntere Arbeitsbedingungen, sagte Pappano. Nach mehr als zwei Jahrzehnten als Chefdirigent des Londoner Royal Opera House in Covent Garden tritt er ab Herbst die Nachfolge von Sir Simon Rattle als LSO-Chefdirigent an. Laut Pappano sind die meisten britischen Orchestermitglieder Freiberufler. Die Existenz als klassischer Musiker in Großbritannien sei nicht leicht, der Wettbewerb in London zudem sehr hart.

“Viele hangeln sich von Session zu Session, von Konzert zu Konzert”, berichtete der Dirigent. Die Künste seien bei Weitem nicht so stark subventioniert wie in Deutschland, “wir alle blicken mit Neid auf die Förderung hierzulande”. Das Problem mangelnder staatlicher Fördergelder wurzelt nach Ansicht von Pappano in einem Misstrauen britischer Politiker gegenüber klassischer Musik, die sie als “elitär” empfinden. Dabei schafften die Künste nicht nur Jobs und Umsatz, auch für die Gastronomie und viele andere Geschäfte, sie stellten auch genau das Gemeinschaftsgefühl her, dass in der Politik immer beschworen werde.