Direktorin von NS-Dokuzentrum: „Demokratie liegt in unseren Händen“

Die Direktorin des NS-Dokumentationszentrums in München, Mirjam Zadoff, hat mehr Bewusstsein für die Zerbrechlichkeit der Demokratie angemahnt. „Auf uns warten unbequeme Zeiten“, sagte die promovierte Historikerin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Vielen sei nicht bewusst, wie ungewöhnlich das Zusammenleben in einem demokratischen Staat sei: „Nur 13 Prozent der Menschen weltweit leben in liberalen Demokratien!“ Die Beispiele Polen, Ungarn und Italien zeigten, „wie drastisch schnell“ gesellschaftliche Selbstverständlichkeiten unter rechtspopulistischen Regierungen verloren gehen könnten.

„Wir müssen die AfD und andere Rechtspopulisten ernst nehmen: Das ist nicht nur ein Gerede“, erklärte Zadoff. Was in extremistischen Kreisen in Deutschland oder auch Österreich besprochen werde, solle nach dem Willen der daran Beteiligten „auch so kommen“.

Dass nach den Berichten über Geheimtreffen von AfD-Mitgliedern und Rechtsextremen so ausführlich „über die Vorstellung von Deportationen gesprochen“ werde, löse bei vielen Menschen Angstszenarien aus. Es sei aber wichtig, zuversichtlich zu bleiben: „Wir haben als Demokratinnen und Demokraten noch nicht verloren. Es liegt momentan in unseren Händen“, sagte Zadoff.

Sie sei überzeugt, dass der Großteil der Menschen keine extreme Politik in Führungspositionen wolle. „Wir müssen lernen, im Alltag für Demokratie einzutreten“, forderte die Historikerin. Für ein freies und solidarisches Zusammenleben müssten alle laut werden, auch im Gespräch mit Familie und Freunden.

In den vergangenen Monaten habe sich ein Klima von Hass und Hetze zugespitzt, das sich schon länger angebahnt habe. „Die Frage bleibt: Was haben wir aus dem Zweiten Weltkrieg gelernt, und welche Konsequenzen ziehen wir?“, fragte die Museumsdirektorin. Mittlerweile werde debattiert, das Grundgesetz zu ändern, um Asylgesetze zu verschärfen und sich von der Genfer Konvention zu lösen. „Diese staatlich sanktionierte Unmenschlichkeit diktiert uns die AfD, und wir setzen sie als demokratische Gesellschaft um“, kritisierte Zadoff. Statt ständig die Themen der AfD zu übernehmen, brauche Politik eine klare Haltung, „Jüdinnen und Juden, aber auch andere vulnerable Minderheiten zu schützen.“