Die Welt ist eine Murmel

Sind das etwa Murmeln? Ja, tatsächlich! Die Künstlerin Mon Hatoum hat im Duisburger Lehmbruck-Musem eine Weltkarte aus Murmeln erschaffen.

Tausende Murmeln formen sich zu einer Weltkarte
Tausende Murmeln formen sich zu einer Weltkarteepdbild / Florian Kleinefenn

Zerbrechlich und wunderschön. So stellt die palästinensisch-britische Künstlerin Mona Hatoum unseren Planeten in ihrer aus 112.000 gläsernen Murmeln gebildeten Weltkarte dar. Das Lehmbruck-Museum in Duisburg zeigt die raumgreifende Installation „Map (clear)“ von Freitag an in seiner Reihe „sculpture 21st“.

Auf knapp 200 Quadratmetern bilden transparente, ungefärbte Murmeln die Kontinente und Inseln der Erde. In einem von Glasfenstern umgebenen Raum liegt die Weltkarte wie ein Teppich. Sonnenlicht und die Farben der Umgebung brechen sich in dieser Weltkarte. Bis 20. August bleibt die gläserne Weltkarte dort ausgebreitet.

Weltkarten mit verschiedenen Motiven

„Wer das sieht, möchte wie ein Kind, ein paar Glaskugeln in Bewegung setzen und das ganze Bild verändern“, sagte Museumsdirektorin Söke Dinkla zur Vorstellung der Präsentation. Die Künstlerin selbst unterstrich: „Die gläsernen Kontinente erinnern auch an Wasser, während der dunkle, steinerne Boden die Ozeane bildet. Das ist ein reizvoller Kontrast“, sagte die 71-Jährige, die in London und Berlin lebt. Ob die Kugeln tatsächlich, wie es scheint, wegrollen könnten oder doch auf dem Boden befestigt sind, verriet sie nicht: „Ich rede nie darüber, wie ich meine Werke gestalte.“

Hatoum, 1952 in Beirut in eine palästinensische Familie geboren, gestaltet seit den 1970er Jahren immer wieder Weltkarten aus verschiedenen Materialien. Zurzeit ist ein Mobile mit den Kontinenten aus Glas in England in der Kathedrale von Salisbury ausgestellt. „Das zeigt so schön, wie die Erde ständig in Bewegung ist“, sagte Hatoum.

Klimawandel und die vielen Konflikte dieser Zeit machten die Gefährdung der Erde mehr und mehr deutlich. Auch das drückt sie in ihren Arbeiten aus. „Vielleicht hat das mit meiner Herkunft aus dem Nahen Osten zu tun, der immer wieder von Zerstörung und Aufbau geprägt ist.“ Während eines kurzen Besuchs in London 1975 verhinderte der Ausbruch des libanesischen Bürgerkriegs ihre Rückkehr in ihre Heimatstadt Beirut.

In den 1990er Jahren wandte sich Hatoum großformatigen Installationen und Skulpturen zu. Vertraute Alltagsgegenstände verwandelte sie in fremdartige und bedrohliche Objekte. Hatoums Werke befassen sich mit Motiven existenzieller Unsicherheit. Themen wie Vertreibung, eingeschränkte Bewegungsfreiheit und staatliche Kontrolle untersucht sie vor dem Hintergrund ihrer eigenen Biografie.

Beirut aus Stoff gezeichnet

Einen Plan ihrer Heimatstadt Beirut im Libanon hat sie auf Stoff gezeichnet und die Orte der Zerstörung, vor allem die Verheerungen durch die Explosion im Hafen im Jahr 2020, wie geklöppelte Spitzen als Löcher dargestellt. Die Landkarte von Israel und Palästina drückte sie aus roten Perlen in Quader traditioneller Olivenöl-Seife. Diese Arbeiten sind im Lehmbruck-Museum allerdings nicht zu sehen. Die Reihe „sculpture 21st“ zeigt jeweils nur eine Arbeit eines zeitgenössischen Künstlers.

Hatoum stellt weltweit aus und wurde in den vergangenen Jahren mit dem Käthe-Kollwitz-Preis (2010), Joan-Miro-Preis (2011) sowie dem Premium Imperiale Preis für Bildhauerei (2019) ausgezeichnet. Duisburg sei mit Weltkarten auf eine besondere Weise verbunden, weil hier der Geograf Gerhard Mercator im 16. Jahrhundert den Globus als zweidimensionale Weltkarte dargestellt habe, begründete das Lehmbruck-Museum seine Wahl der Installation „Map (clear)“.