„Die interreligiöseste Stätte Deutschlands“

Die Al-Nour-Moschee ist mit einem Festakt eröffnet worden. Wo früher evangelische Gottesdienste gefeiert wurden, beten nach einem teuren Umbau bald Muslime gen Mekka.

Klaus Schäfer, Direktor des Zentrums für Mission und Ökumene, im Gespräch mit dem Imam Samir El-Rajab
Klaus Schäfer, Direktor des Zentrums für Mission und Ökumene, im Gespräch mit dem Imam Samir El-RajabPhilipp Reiss / epd

Hamburg. Mit einem offiziellen Festakt ist die Al-Nour-Moschee in Hamburg-Horn eröffnet worden. Als "Ort der Integration und des Lernens", in dem Solidarität gelehrt werde, bezeichnete Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, die Moschee. In Zeiten, in denen die Demokratie gefährdet ist, seien diese Orte besonders wichtig. Das Gebäude war bis 2002 die evangelische Kapernaum-Kirche. 
Zu dem Festakt kamen unter anderem der Vize-Botschafter von Kuwait, die Konsuln der USA und des Iran, der jüdische Landesrabbiner Shlomo Bistritzky sowie zahlreiche Politiker. Die Nordkirche wurde durch Klaus Schäfer, Direktor des Zentrums für Mission und Ökumene (ZMÖ), vertreten. 

Gebete in der Tiefgarage

Die Gemeinde "Al-Nour" (arabisch: das Licht) werde endlich ihrem Namen gerecht, da die Muslime in dem wunderschönen Gebäude sehr viel Licht zu sehen bekommen werden, sagte der Vorsitzende der Gemeinde, Daniel Abdin. Die Moschee werde aufgrund der Historie des Gebäudes wohl die "interreligiöseste Begegnungsstätte Deutschlands". Bisher nutzt die Gemeinde eine ehemalige Tiefgarage in St. Georg. 
Von einem "leuchtenden Beispiel interreligiöser Offenheit" sprach ZMÖ-Direktor Schäfer in seinem Grußwort. Abdin habe den Umbau von der Kirche zur Moschee als interreligiöses Projekt verstanden, Brücken gebaut und dadurch Vertrauen gewonnen. Er habe Christen eingeladen, und umgekehrt hätten die benachbarten Gemeinden lebhaft Anteil am Bau der Moschee genommen. Die Transparenz und das Miteinander sei "bemerkenswert".
Mitglieder des Bundestages kamen als Zeichen der Solidarität zu der Eröffnung. Vor drei Wochen war die Moschee mit rassistischen Parolen beschmiert worden. "Das war nicht nur ein Angriff auf die Moschee, sondern auf uns alle", sagte Lars Castellucci, religionspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. 

Offene Gemeinde

Als Dankeschön verlieh die Gemeinde sieben Ehrenpreise. Gemeinsam mit dem Imam Samir El-Rajab überreichte Abdin die gläsernen Auszeichnungen unter anderem an Staatsrat Christoph Krupp (SPD), Leiter der Senatskanzlei, "für die große Unterstützung der Stadt". Mit einem Gebetsruf des Imam zur Einweihung der Moschee endete der Festakt. 
Ein Eröffnungsfest feiert die Gemeinde am Sonnabend, 29. September. Am Mittwoch, 3. Oktober, sind die Hamburger zum "Tag der offenen Moschee" eingeladen.
Die Al-Nour-Gemeinde zählt zu den offenen muslimischen Gemeinden in Hamburg und bringt sich aktiv in den interreligiösen Dialog ein. Die Mitglieder stammen nach eigenen Angaben aus 30 Nationen aus dem arabischen Raum, Afrika und Südostasien. 

Millionen-Spende aus Kuwait

Rund fünf Millionen Euro kostet der Umbau nach Angaben der Gemeinde. Ursprünglich war die Gemeinde von 1,5 Millionen Euro ausgegangen. Kuwait spendete mehr als eine Million Euro – mit Zustimmung der Bundesregierung, wie Vize-Botschafter Hamad Ali Al-Hazeem erklärte. Die Spende ist nach den Worten Abdins an keinerlei Bedingungen geknüpft.
Die Bauarbeiten an dem 1961 errichteten Gebäude sind noch nicht vollständig abgeschlossen. Arbeiten an der Frontfassade und die Sanierung des 44 Meter hohen Turms stehen noch aus. Oben auf dem Turm prangt der vergoldete arabische Schriftzug "Allah" statt des christlichen Kreuzes. Ein Teil der Arbeiten wurde auf 2019 verschoben. So wird es das erste Freitagsgebet in der neuen Moschee vermutlich erst Anfang 2019 geben.
Offizielle Bestimmungen der Evangelischen Kirche in Deutschland untersagen zwar den Verkauf von Kirchen an islamische Gemeinschaften, doch als die Al-Nour-Gemeinde das Gebäude Ende 2012 erwarb, war es schon mehr als zehn Jahre lang keine Kirche mehr. Im Jahre 2002 war die Kapernaum-Kirche aus Kostengründen entwidmet und an einen Investor verkauft worden. Die Projekt-Ideen zur Umnutzung zerschlugen sich jedoch. (epd)