Mit der feierlichen Umbenennung der Berliner Mohrenstraße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße am Samstag endet eine jahrelange Debatte um ein Für und Wider der Namensänderung. Betroffen von der Umbenennung der Straße in Berlins Mitte sind neben vielen Anwohnerinnen und Anwohnern, Gewerbetreibenden und Unternehmen auch prominente Anlieger wie das Bundesjustizministerium und das Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität. In der Auseinandersetzung mit dem Straßennamen sei es zentral, seine Geschichte aus der Gegenwartsperspektive zu betrachten, heißt es dazu auf der Homepage des Instituts. Die Bedeutung des Mohren-Begriffs habe sich durch die Jahrhunderte gewandelt.
Wahrscheinlich erhielt demnach die Straße ihren Namen im 1706 oder 1707. Warum der Name gewählt wurde, konnte laut Institut bislang nicht geklärt werden. Manche Autoren vermuteten einen Zusammenhang mit den, zumeist als Kinder nach Brandenburg-Preußen verschleppten, Schwarzen Bediensteten des preußischen Hofstaats, die als sogenannte Hof- oder Kammermohren für den Kurfürsten von Brandenburg arbeiteten.
Der Afrikaforscher und Kolonialhistoriker Ulrich van der Heyden habe eine andere Erklärung. Ihm zufolge wurde bereits Ende des 17. Jahrhunderts im Berliner Bezirk Mitte ein unbefestigter Weg als Mohrenstraße bezeichnet. Die Straßenbenennung sei zu Ehren einer 26-köpfigen afrikanischen Delegation erfolgt, die im Rahmen eines Vertragsabschlusses bezüglich der brandenburgischen Kolonie Groß-Friedrichsburg nach Berlin gereist war. Diese Erklärung lasse sich allerdings, da keine Quellen angegeben sind, nicht nachvollziehen, so die Uni. Auch in einem historischen Stadtplan von 1688 tauche keine Mohrenstraße auf.
Van der Heyden gehört demnach zu den Kritikern der Straßenumbenennung, die die darüber geführten Debatten ahistorisch finden. Der Afrikaforscher argumentiert laut Institut unter anderem damit, dass Afrikaner Mitte des 17. Jahrhunderts so gut wie ohne rassistische Konnotation Mohren genannt worden seien. Auch der Gründer der „Initiative Pro Mohrenstraße“ verweist darauf, dass das Mohren-Wort in der deutschen Sprache rein etymologisch keine rassistischen Wurzeln habe. Der Rechtsanwalt wollte nach eigener Aussage, dass der geschichtliche Bezug des Straßennamens zur preußisch-königlichen Ära erhalten bleibt und gewürdigt wird, da sie die einzige Straße Berlins sei, in der an Brandenburg-Preußen um 1700 erinnert würde.
Für jene, die den Straßennamen als diskriminierend bewerten, darunter Schwarze Aktivistinnen und Aktivisten, sei dagegen der Name aus multiplen Gründen problematisch. Zum einen sei die Geschichte der Straße mit den deutschen Kolonialunternehmungen in Afrika und der Präsenz nach Berlin verschleppter Schwarzer Menschen, die als Hofbedienstete arbeiten mussten, verbunden. Zum anderen werde das Wort als rassistisch empfunden und bringe eine vermeintliche Rückständigkeit einer marginalisierten Gruppe von „Außenseitern“ zum Ausdruck.
Einer der Hauptinitiatoren für eine Namensänderung, der Verein Decolonize Berlin, nennt die Umbenennung einen „historischen Schritt gegen Rassismus und koloniale Kontinuitäten im öffentlichen Raum“. Mit dem neuen Namensgeber, Anton Wilhelm Amo, werde ein bedeutender Schwarzer Philosoph des 18. Jahrhunderts geehrt. Amo stehe für Widerstand, Selbstbehauptung und afrodiasporisches Wissen, das viel zu lange unsichtbar gemacht wurde. Jetzt bekomme er den Platz, der ihm zusteht.