Deutschland darf Kurden nicht an die Türkei ausliefern

Die türkische Justiz will eines Mannes in Nordrhein-Westfalen habhaft werden. Italienische Behörden hatten ihn zuvor als politisch Verfolgten anerkannt. Diese Entscheidung bindet auch deutsche Ämter, entschied der EuGH.

Deutschland darf einen des Totschlags verdächtigten Kurden nicht an die Türkei ausliefern, weil er in Italien als politisch Verfolgter anerkannt wurde. Das stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Dienstag in einer grundsätzlichen Entscheidung klar. Demnach steht der Flüchtlingsstatus in einem EU-Land der Auslieferung in sein Herkunftsland durch einen anderen Mitgliedstaat entgegen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hatte den EuGH um Auslegung des EU-Rechts gebeten. Hintergrund ist der Fall eines türkischen Staatsangehörigen und Kurden, den die türkische Justiz vor Gericht bringen will. Der Mann wurde 2010 in Italien als Flüchtling anerkannt, weil ihm wegen seiner Unterstützung der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) politische Verfolgung in der Türkei drohe. Seit 2019 lebt er in Deutschland.

Wie der EuGH entschied, ist eine Auslieferung abzulehnen, solange die italienischen Behörden die Flüchtlingseigenschaft nicht aberkannt haben. Die zuständige deutsche Behörde müsse nun nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit Kontakt mit der italienischen Asylbehörde aufnehmen. Wenn diese die Flüchtlingseigenschaft aberkenne, müsse zusätzlich auch das deutsche Amt zu dem Ergebnis kommen, dass der Betroffene nicht mehr als Flüchtling anzusehen sei.

Darüber hinaus muss sich Deutschland laut dem Urteil vor einer Auslieferung an die Türkei vergewissern, dass für den Betroffenen dort keine ernsthafte Gefahr der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.