Vogel des Jahres: Wiedehopf kehrt in Brandenburg zurück

Im Pfarrgarten von Lütte in Brandenburg hörte Pfarrerin Dorothea Sitzler-Osing ein Hupen: Ein Wiedehopf. Der Vogel des Jahres 2022 ist in Deutschland selten geworden.

Wiedehopf am Nistkasten
Wiedehopf am NistkastenSusanne Atzenroth

Der Wiedehopf ist ein scheuer Gesell. Er hat seinen Platz als gefährdete Art auf der Roten Liste Brandenburgs. Großflächige Landwirtschaft und Pflanzenschutzmitteleinsatz haben den Bestand über die Jahrzehnte zurückgedrängt.

Das charakteristische „Hupen“, mit dem sich Weibchen und Männchen suchen und finden, ist schon lange aus Gärten und der Feldmark verschwunden. Umso erstaunter war eines Tages Bernd Willmann aus Groß Briesen im Kirchenkreis Mittelmark-Brandenburg, als er den Lockruf des Vogels in seinem Garten hörte und das Tier kurz darauf auch sah „Eigentlich nistet der Wiedehopf in hohlen Bäumen, am liebsten in Kopfweiden, die früher überall an den Straßenrändern standen“, weiß das Gemeindeglied.

Wiedehopf-Paar wurde zum Dorfgespräch

Sein Großvater hatte ihn schon als Kind an seiner Begeisterung für den Vogel mit der markanten Flügelzeichnung und dem auffälligen Kopfputz teilhaben lassen. Flugs begann Willmann, an einem Nistkasten für den seltenen Vogel zu bauen, um ihm den Nestbau zu erleichtern. Es klappte! Nicht lange danach zogen Frau und Herr Wiedehopf in ihre neue Behausung ein und begannen, ihre Eier auszubrüten.

Der Wiedehopf kommt in Deutschland heute fast nur noch in Brandenburg zusammen mit Teilen von Sachsen-Anhalt vor
Der Wiedehopf kommt in Deutschland heute fast nur noch in Brandenburg zusammen mit Teilen von Sachsen-Anhalt vorIMAGO/ Imagebroker

Schnell wurde der Wiedehopf zum Dorfgespräch und plötzlich hörten Menschen in der ganzen Region das Hupen. Der Wiedehopf breitete sich aus. Die Nistkästen baute Bernd Willmann, der als Fußbodenleger bei einer Malerfirma arbeitet, in seiner Freizeit nun „am Fließband“.

Hupkonzert auch im Pfarrgarten

Auch im Lütter Pfarrgarten vernahm Pfarrerin Dorothea Sitzler-Osing das Hupen in einem Baum. So bekam der 50. Nistkasten seinen Platz im Lütter Pfarrgarten und wurde ebenfalls schnell bezogen. Die erste Brut ist längst flügge. Das Paar scheint schon wieder auf Nachwuchs vorbereitet zu sein. „Das ist sehr selten, dass die Paare zum zweiten Mal brüten“, sagt Spezialist Bernd Willmann.

Einmal in der Woche schaut er im Pfarrgarten vorbei, den er als „Wiedehopf- Paradies“ bezeichnet. Denn, das ist ihm wichtig, neben den Nistkästen gibt es noch ein paar andere Voraussetzungen, die stimmen müssen, etwa große Bäume und reichlich Futtergründe in der Nähe. Die Lieblingsspeise des Wiedehopfs ist übrigens die Maulwurfsgrille, die er mit seinem langen Schnabel aus der Erde hervorzieht.

Der Wiedehopf brütet in offenen, warmen und trockenen Landschaften
Der Wiedehopf brütet in offenen, warmen und trockenen LandschaftenIMAGO/ Blickwinkel

Der Wiedehopf in der Bibel

Oft sitzen Pfarrerin Sitzler-Osing und Bernd Willmann auf der Gartenbank und beobachten das fröhliche Treiben am Nistkasten. „Dieser Vogel hat eine besondere Faszination. Wer ihn im Garten hat, ist vom Wiedehopf-Fieber infiziert“, finden beide. Inzwischen sind sie, jeder auf seine Weise, zu Spezialisten geworden.

Die Pfarrerin ging es wissenschaftlich an und stieß bei ihren Recherchen auf zwei Bibelstellen, in denen der Wiedehopf vorkommt, im Zusammenhang mit den Speisegesetzen im zweiten und fünften Buch Mose. Als promovierte Ägyptologin fand sie sogar die passenden Hieroglyphen heraus. „In Ägypten kommt dieser Vogel häufig vor, im Lexikon der Ägyptologie gilt er als Sinnbild der Dankbarkeit und Elternliebe“, sagt Dorothea Sitzler-Osing.

Wiedehopf-Fans treffen sich zum Stammtisch

Bernd Willmann tüftelt seinerseits laufend an der Verbesserung seiner Nistkästen, die er aus unbehandelten Einwegpaletten baut. Inzwischen hat er den 161. Nistkasten ausgeliefert. Auch im Garten des Superintendenten des Kirchenkreises Mittelmark-Brandenburg Siegfried-Thomas Wisch steht ein Exemplar. Einmal im Jahr trifft sich die ganze Wiedehopf-Fangemeinde zum Stammtisch und tauscht ihre Erfahrungen aus.

Elf Bruten mit 45 Jungen konnten sie bisher für 2023 der Unteren Naturschutzbehörde melden. „Nun kommt hoffentlich noch eine zwölfte Brut in Lütte dazu“, hofft Bernd Willmann. Der engagierte Wiedehopf-Spezialist Bernd Willmann gibt sein Wissen unter der Telefonnummer 0174/79567 gerne weiter.

Susanne Atzenroth ist freie Autorin