Der Ramadan macht sich auch im Schulalltag bemerkbar

In diesem Jahr fällt der islamische Fastenmonat Ramadan ins Frühjahr, nicht in die heißen Sommertage. Für die Schulen macht das manches leichter. Trotzdem tauchen immer wieder Fragen auf.

Viele muslimische Schülerinnen und Schüler fasten ab Sonntag (Symbolbild)
Viele muslimische Schülerinnen und Schüler fasten ab Sonntag (Symbolbild)Imago / Michael Schick

Der Unterrichtsstoff ist heikel – Religion hin oder her. Beim Thema Sexualkunde scheiden sich nicht selten die Geister. An einer Grundschule in Nordrhein-Westfalen sorgte eine Anfrage von muslimischen Eltern kurz vor Beginn des Ramadan gleichwohl für Kopfschütteln. Ob man wohl in den kommenden gut vier Wochen auf den Sexualkundeunterricht in der vierten Klasse verzichten könne? Während des islamischen Fastenmonats ist Muslimen zwischen dem Beginn der Morgendämmerung und Sonnenuntergang das Essen, Trinken und Rauchen untersagt – und der Sex. Der Weg vom Gebot der Enthaltsamkeit zum Verzicht auf den Sexualkundeunterricht schien dem Kollegium dann aber doch ein bisschen weit.

Die Episode zeigt: Auch wenn sich inzwischen viele Routinen eingestellt haben, sorgt der Ramadan in Deutschlands Klassen- und Lehrerzimmern immer noch für Überraschungen. Einheitliche Regeln sind Mangelware, wie eine Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bei der Kultusministerkonferenz ergibt. Am ehesten bringt es ein Hinweis aus dem Bildungsministerium von Mecklenburg-Vorpommern auf den Punkt: „Im Umgang mit dem Fasten von Schülerinnen und Schülern sind in jeder Schule individuelle Lösungen erforderlich, die zwischen den betreffenden Schülerinnen und Schülern und deren Eltern oder Sorgeberechtigten besprochen werden müssen und deren Einhaltung verbindlich ist, damit der schulische Erfolg und das gesundheitliche Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler nicht gefährdet sind.“

Fasten „eine zutiefst individuelle Entscheidung“

In diesem Jahr beginnt der islamische Fastenmonat Montag. Er endet am 10. April mit dem dreitägigen Fest des Fastenbrechens. Eigentlich gilt das Fastengebot erst ab der Religionsmündigkeit, was dem Alter von etwa 14 Jahren entspricht. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Stefan Düll, beobachtet allerdings, dass vermehrt auch jüngere Schülerinnen und Schüler fasten. Diesen Eindruck kann Bernd Ridwan Bauknecht nicht bestätigen. Er unterrichtet Islamische Religion an der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule im Bonner Stadtbezirk Bad Godesberg. Er sei seit 20 Jahren im Schuldienst und habe keine Veränderungen beobachtet. „Es wird vielleicht nur in der Gesellschaft sichtbarer, was man ja auch als einen Schritt der Integration verstehen kann.“

Das Fasten nennt Bauknecht „eine zutiefst individuelle Entscheidung“. Deswegen achten er und seine Kollegen darauf, dass die Jugendlichen sich nicht gegenseitig unter Druck setzen, wie er betont. Eine Grenze sei erreicht, „wenn wirklich jemand agitiert und entsprechend Drohszenarien aufbaut“. Derjenige würde allerdings mutmaßlich auch außerhalb der Fastenzeit mit salafistisch geprägten Äußerungen auffallen. Und dann wären laut Bauknecht ohnehin Ordnungsmaßnahmen notwendig.

Wichtige Prüfungen sollten nicht zum Fastenbrechen stattfinden

Klassenarbeiten wegen des Fastenmonats verschieben? Das hält Bauknecht für überzogen. Leben und Alltag gingen für Muslime auch im Ramadan weiter. „Die Herausforderung ist gerade, diesen Alltag im Bewusstseins des Fastens durchzuführen.“ Wünschenswert wäre lediglich, dass wichtige Prüfungen nicht zum abschließenden Fest des Fastenbrechens stattfinden.

Immer wieder für Gesprächsstoff sorgten Klassenfahrten, räumt Bauknecht ein. „Doch bisher kenne ich es so, dass es vor allem die Jugendlichen ab der siebten Klasse beschäftigt, weil manche das erste Mal den Ramadan gerne durchfasten wollen.“ Die Mädchen und Jungen wüssten sehr wohl, dass sie auf einer Reise nicht fasten müssen. „Aber sie wollen eben mal durchfasten. So eine Art Challenge.“ Die älteren Schülerinnen und Schüler verhalten sich Bauknechts Beobachtungen zufolge „in der Regel geräuschlos“.

Ramadan wird wegen Gaza-Krieg nicht anders verlaufen

Allgemein wird der Ramadan nach Einschätzung der großen Bildungsverbände in den Schulen ohne große Konflikte über die Bühne gehen – trotz des Nahostkrieges, der auch in den Klassenzimmern für Debatten sorgt. „Uns liegen keine Informationen vor, dass diesmal der Ramadan anders verlaufen wird als in den vergangenen Jahren“, sagt Doreen Siebernik, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft für Jugendhilfe und Sozialarbeit.

Bleibt ein grundsätzliches Problem, das der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung VBE, Gerhard Brand, benennt. „Bei Heranwachsenden kann es eine Herausforderung sein, wenn sie tagsüber nichts essen und insbesondere nichts trinken.“ Da der Ramadan dieses Jahr bei frühlingshaften Temperaturen und nicht im Hochsommer stattfinde, seien gesundheitliche Probleme wie Kreislaufschwäche allerdings eher selten zu erwarten.

Gelassen gibt sich auch Lehrerverbandspräsident Düll: „In diesem Jahr überschneidet sich der Ramadan teilweise mit den Osterferien, so dass der Zeitraum, in dem Fasten in der Schule eine Rolle spielt, deutlich kürzer ist.“