Debatte um Meinungsfreiheit: Innenministerin Faeser sorgt sich um Internetforen

Bei einem Podiumsgespräch betont Faeser die Rolle des Bürgers in Verteidigung von Toleranz und Pressefreiheit. Der Pianist Igor Levit hat genug von Politiker-Floskeln.

„Wir brauchen wieder mehr Freude am Diskurs“ - Nancy Faeser (SPD)
„Wir brauchen wieder mehr Freude am Diskurs“ - Nancy Faeser (SPD)Imago / Political-Moments

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat eine neue Streitkultur in Deutschland angemahnt. „Wir brauchen wieder mehr Freude am Diskurs, am Miteinander“, sagte die SPD-Politikerin bei der Eröffnung der „Woche der Meinungsfreiheit“ in der Frankfurter Paulskirche. Zum Streiten gehöre aber auch immer die Toleranz, andere Meinungen gelten zu lassen, erklärte Faeser in einem Podiumsgespräch mit der Frankfurter Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne), dem Philosophen und Publizisten Michel Friedman und dem Pianisten und Aktivisten Igor Levit.

Enttäuscht äußerte sich Faeser darüber, dass Deutschland im Ranking der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ von Platz 16 im Vorjahr auf Platz 21 abrutschte. Es dürfe nicht sein, dass Journalistinnen und Journalisten auf Querdenker-Demonstrationen tätlich angegriffen werden. Hiergegen brauche es den Widerstand und die Zivilcourage jedes und jeder Einzelnen. Prävention und Gesetze allein reichten nicht aus.

Politik in der Verantwortung

Mit großer Sorge sehe sie, dass Menschen immer weniger Zeitung läsen und sich weniger in Rundfunk und Fernsehen informierten. „Was machen wir mit all jenen, die in Internetforen gefangen sind?“, fragte Faeser. Die Demokratie brauche gut informierte Bürgerinnen und Bürger. Deswegen sei es wichtig, die schulische und außerschulische politische Bildungsarbeit zu stärken.

Friedman rief die Politik und die Justiz dazu auf, die Grenzen der Meinungsfreiheit wieder stärker zu beachten. Leitschnur seien der Respekt und die Würde des Menschen. Es reiche nicht, sich etwa bei antisemitischen oder rassistischen Vorfällen mit den beleidigten und angegriffenen Menschen zu solidarisieren. „Wir müssen uns vielmehr als Gesamtheit der Demokraten angegriffen fühlen und entsprechend reagieren“, sagte Friedmann.

Umgang mit Ressentiments kritisiert

Auch Levit forderte eine klare Sprache im Umgang mit Diskriminierungen und Übergriffen. Das Postulat, in Deutschland sei kein Platz für Antisemitismus und Rassismus, stimme einfach nicht. „In Deutschland gibt es sehr viel Platz für Antisemitismus und Rassismus“, sagte der jüdische Musiker und Hochschullehrer.

An der „Woche der Meinungsfreiheit“ (3. bis 10. Mai) beteiligt sich ein Bündnis aus rund 60 Verlagen, Buchhandlungen, Bibliotheken, Gewerkschaften, Medien, Kirchen, Vereinen und Verbänden. Veranstalter ist der Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Nach seinen Angaben sind mehr als 60 Veranstaltungen geplant. Ziel sei es, auf die Bedeutung des freien Wortes für die Gesellschaft aufmerksam zu machen.