Debatte über Flüchtlingspolitik hält an

 Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD), will mehr Ehrlichkeit in der Debatte über die Steuerung von Migration. Es gebe in dieser Frage keine nationalstaatlichen Lösungen, sagte sie am Dienstag in Berlin. Nach Jahren des Stillstands gehe die Bundesregierung nun voran. So würden Migrationsabkommen verhandelt und Geflüchtete sollten solidarisch in Europa verteilt werden. Zudem würden unter anderem Rückkehrhilfen und Fachkräfteeinwanderung gestärkt, so die Staatsministerin weiter. Wer ungesteuerte Migration verringern wolle, müsse auch legale Wege öffnen.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge, erklärte, die Grünen stimmten einer Erweiterung der sicheren Herkunftsstaaten auf Georgien und Moldau zu. Eine zusätzliche Erweiterung lehne ihre Fraktion aber ab.

Unterdessen sprach sich der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr dafür aus, gemeinsam mit den Ländern eine irreguläre Migration zu begrenzen. Geldzahlungen seien ein Pull-Faktor und beförderten Migration. Die Bundesländer könnten das System schon jetzt auf Sachleistungen umstellen, wie es etwa Hannover und Hamburg täten.

Der Fraktionsvorsitzende der Union, Friedrich Merz (CDU), unterstützte die Forderung von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), die Zahl aufgenommener Asylbewerber auf 200.000 pro Jahr zu begrenzen. Söder hatte dies in einem Interview am Wochenende erklärt. Diese Zahl sei verkraftbar, so Merz weiter. Weiter plädierte er für mehr Grenzkontrollen zu Tschechien, Polen und der Schweiz und die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten.

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, verwies auf Aussagen des ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck. Dieser hatte am Sonntag im ZDF-Interview die Politik aufgefordert, mit Blick auf die Flüchtlingsdebatte „neue Möglichkeiten zu wagen“. Die bisherigen Maßnahmen hätten nicht ausgereicht, um einen Kontrollverlust zu beheben. „Wir müssen Spielräume entdecken, die uns zunächst unsympathisch sind, weil sie inhuman klingen“, sagt Gauck. Es müssten Begrenzungsstrategien gefunden werden.

Laut dem Deutschen Städte- und Gemeindebund stoßen viele Kommunen bei der Aufnahme an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge registrierte im laufenden Jahr bis einschließlich August 204.461 Erstanträge auf Asyl. Das bedeutete eine Zunahme um 77,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die meisten Anträge reichten Menschen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei ein.

Nicht enthalten in diesen Zahlen sind die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, da sie keinen Asylantrag stellen müssen. Laut Bundesinnenministerium leben derzeit rund knapp 1,1 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland.