Corona: Weimarer Familienrichter bestreitet Rechtsbeugung

Während der Pandemie hebt ein Weimarer Richter die Maskenpflicht an zwei Schulen auf – obwohl er laut Staatsanwaltschaft als Familienrichter nicht zuständig war. Jetzt steht er selbst vor Gericht.

Kinder mussten in Schulen während der Pandemie Masken tragen
Kinder mussten in Schulen während der Pandemie Masken tragenepdbild / Paul-Philipp Braun

Am Landgericht Erfurt hat der angeklagte Familienrichter aus Weimar die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wegen Rechtsbeugung als unbegründet zurückgewiesen. Zur Prozesseröffnung wurde dem 60-jährigen Beamten laut Anklageschrift zur Last gelegt, im Frühjahr 2021 willkürlich und ohne gerichtliche Zuständigkeit einen Beschluss gegen die Maskenpflicht an zwei Weimarer Schulen getroffen zu haben. Der Erlass seiner einstweiligen Anordnung hatte damals mitten in der Hochphase der Corona-Pandemie bundesweit für Schlagzeilen gesorgt.

In seiner persönlichen Einlassung beschrieb sich der Angeklagte als einen aufgrund einer Erkrankung seiner Frau alleinerziehenden Familienvater seiner Kinder. Er habe in der Maskenpflicht an Schulen eine Gefahr für die kindliche Entwicklung gesehen. Zudem habe sich schon früh während der Corona-Krise herausgestellt, dass Schulen keine Pandemietreiber gewesen seien. Das sei auch der Grund gewesen, den Antrag der Eltern für zwei Weimarer Kinder auf beide Schulen auszuweiten.

Entscheidung schnell aufgehoben

Nach Auffassung der Anklagebehörde fällt eine Entscheidung zum Umgang mit Coronaregeln jedoch nicht in die Zuständigkeit eines Familiengerichts. Die gerichtliche Kontrolle staatlicher Anordnungen zum Corona-Schutz liege allein in der Verantwortung der Verwaltungsgerichte. Tatsächlich war die Entscheidung des Angeklagten gegen die in Thüringen damals geltende Corona-Maskenpflicht vom Oberlandesgericht Jena kurz darauf aufgehoben worden.

Der Verdacht der Rechtsbeugung ist laut Staatsanwaltschaft aufgekommen, nachdem in sozialen Netzwerken Aufrufe gezielt nach Weimarer Eltern gesucht hatten, die einen entsprechenden Antrag an das Familiengericht stellen sollten. Dabei habe sich der Antrag vor allem an Eltern mit jenen Anfangsbuchstaben in ihren Nachnamen gerichtet, für die der jetzt angeklagte Richter entsprechend des internen Gerichtsverteilungsplans zuständig gewesen sei. „Der Angeklagte hat sich also schon bevor der Antrag überhaupt an ihn gerichtet wurde, überlegt, wie er in diesem Fall vorgehen“ wolle, erklärte der Staatsanwalt. Spätere Hausdurchsuchungen hätten hierfür und für eine Befangenheit weitere Beweise erbracht. Dem Angeklagten sei daran gelegen gewesen, die angebliche Unwirksamkeit staatlicher Regeln zur Bekämpfung der Corona-Pandemie öffentlich wirksam darzustellen.

„Politisch überhitzte Zeit“

Die Verteidigung wies diese Darstellungen als „lächerlich“ zurück. Die gesamte Anklage stamme aus „politisch überhitzter Zeit“. So sei die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit in diesem Fall unter Juristen umstritten und keineswegs eindeutig. Auch stellte die Suche nach einem möglichen Kläger für ein familiengerichtliches Verfahren weder einen Fall von Rechtsbeugung noch von Befangenheit dar.

Das Urteil wird nicht vor August erwartet. Gemäß Paragraf 339 des Strafgesetzbuchs droht dem Angeklagten im Falle einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe zwischen einem und fünf Jahren. Dies würde zudem dessen Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge haben. Zusätzlich ist der Beamte seit Januar 2023 vom Thüringer Richterdienstgericht vorläufig vom Dienst suspendiert worden.