Corona war ein gesellschaftlicher Einschnitt. Die schwarz-rote Koalition will die Pandemie und ihre Folgen aufarbeiten. Die dafür eingerichtete Bundestags-Kommission nimmt ihre Arbeit auf.
14 Bundestagsabgeordnete und 14 Sachverständige arbeiten in den kommenden zwei Jahren die Corona-Pandemie (2020-2023) in einer sogenannten Enquete-Kommission auf. “Es stimmt, dass Deutschland vergleichsweise gut durch diese Zeit gekommen ist; viele der Einschränkungen waren notwendig”, sagte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner zum Start der Kommissionsarbeit am Montag. Doch die Pandemie habe Wunden hinterlassen, sichtbare wie unsichtbare; und sie habe Menschen auch von der Politik entfremdet.
Daher sei die Verantwortung groß, die damaligen politischen Entscheidungen und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen gründlich, konstruktiv und selbstkritisch aufzuarbeiten, so Klöckner weiter. “Für die Chance auf Versöhnung, aber auch eine bestmögliche Vorbereitung für kommende Krisen, ist eine umfassende und transparente Aufarbeitung unerlässlich.” Mehr noch, sie sei “eine Chance für unsere Demokratie, Vertrauen zurückzugewinnen”, so die Bundestagspräsidentin.
Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Helmut Frister, begrüßte den Arbeitsbeginn des Gremiums am Montag ausdrücklich. Zugleich mahnte er auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), bei einer wissenschaftlichen Aufarbeitung der Krisenbewältigung seien “stets die damalige Situation und der damalige Wissensstand zu berücksichtigen”. Keinesfalls dürften Gefahren im Nachhinein verharmlost werden. Heute seien die Folgen von Covid-19-Infektionen in einer in weiten Teilen geimpften Bevölkerung weit weniger schwerwiegend.
Der Ethikrat hatte bereits 2022 eine kritische Aufarbeitung der Krisenbewältigung in der Pandemie angemahnt. Dabei forderte er auch eine Debatte über die ungleiche Lastenverteilung der Infektionsschutzmaßnahmen, etwa für Kinder und Jugendliche. Zugleich wies der Ethikrat damals bereits darauf hin, dass Entscheidungen in einer Pandemie stets einer “starken Dynamik im Horizont der Ungewissheit” unterlägen. Hinterher sei man immer klüger; in einer “Krise von weltgeschichtlichem Ausmaß” seien Fehler und Fehlentscheidungen unvermeidlich.
Der Bundestag hatte im Juli die Einsetzung einer Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie beschlossen. Die Kommission ist mit Abgeordneten und Experten aus Wissenschaft und Praxis besetzt. Vorsitzende ist die CDU-Abgeordnete Franziska Hoppermann. Ziel der Kommission ist, ein transparentes, auf Fakten fußendes Gesamtbild der Pandemie, ihrer Ursachen, Verläufe und Folgen einerseits sowie der staatlichen Maßnahmen andererseits zu schaffen. Auf Wunsch der Grünen sollen auch soziale Folgen in den Blick genommen werden.
Die Unionsfraktion durfte fünf Mitglieder benennen, die Fraktionen von AfD und SPD je drei, die Grünen-Fraktion zwei und die Linke-Fraktion ein Mitglied. Die Sachverständigen wurden im Einvernehmen der Fraktionen benannt. Der Abschlussbericht soll bis Mitte 2027 vorliegen; Zwischenberichte sind möglich.