Centrum Judaicum erhält Buber-Rosenzweig-Medaille

Die ehemalige Neue Synagoge in Berlin-Mitte in der Oranienburger Straße ist Sitz der Stiftung Centrum Judaicum. Sie wird in diesem Jahr am 5. März mit der Buber-Rosenzweig Medaille geehrt.

Neue Synagoge Centrum Judaicum in Berlin-Mitte
Neue Synagoge Centrum Judaicum in Berlin-MitteNorbert von Fransecky

Sie ist nicht so dominant wie der Fernsehturm, der bereits an den fernen Stadtgrenzen von Berlin schnell ins Auge fällt. Aber wer in der Mitte Berlins unterwegs ist, der nimmt aus den unterschiedlichsten Perspektiven immer wieder einmal die spektakuläre vergoldete Kuppel im maurischen Stil wahr. Sie gehört zu der ursprünglich 1866 eingeweihten Neuen Synagoge. Nach Zerstörung und teilweisem Wiederaufbau wird sie heute von der „Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum“ genutzt, die am 5. März in Erfurt mit der Buber-]Rosenzweig-Medaille geehrt werden soll. Verliehen wird sie vom „Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit“ (DKR). Die Stiftung stehe mit ihrer Arbeit „exemplarisch für das Jahresthema, das sich der DKR für 2023 gegeben hat: „Öffnet Tore der Gerechtigkeit – Freiheit Macht Verantwortung‘“, so formuliert es der Koordinierungsrat.

Hinter der Aufforderung, die Tore der Gerechtigkeit zu öffnen, stehe „die biblische Vorstellung, dass die Welt Gottes ein Ort ist, der allen Menschen offensteht“. Dieses Motto steht fast wortgleich als Jesaja-Zitat „Tuet auf die Pforten, dass einzieht das gerechte Volk, das wahret die Treue.“ bereits in Hebräisch in goldenen Buchstaben über dem Eingang der Neuen Synagoge. Der DKR sieht in der Arbeit der Stiftung kein rein museales Bewahren der Erinnerung an eine vernichtete Vergangenheit. Die Direktorin Anja Siegmund betrachtet das Centrum Judaicum als ein Museum, das sich mitten im heutigen jüdischen Leben der Stadt befindet und in vielfältiger Weise Brücken schlägt zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, zwischen den jüdischen und nichtjüdischen Teilen der Gesellschaft.

Judentum als Teil der Berliner Stadtgeschichte

Die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum versteht das Jüdische „als bedeutenden Teil der Stadtgeschichte und Gegenwart Berlins und wirkt, verbunden mit dem weithin strahlenden Prachtbau der Neuen Synagoge, weit über die Stadt hinaus auf eine friedliche und plurale Gesellschaft hin“, so der Koordinierungsrat. Die Stiftung wurde im Rahmen des 50-jährigen Gedenkens an die Novemberpogrome von 1938 vom Ministerrat der DDR gegründet, um die Synagoge in Teilen wieder aufzubauen und dort ein Archiv einzurichten. Dieses sollte die Erinnerung an das reiche jüdische Leben in Berlin bewahren, welches besonders rund um die Hackeschen Märkte stattfand, bis die Nationalsozialisten es zerstörten Wechselvolle Historie Die Synagoge selbst überstand die Novemberpogrome durch das beherzte Eingreifen von Wilhelm Krützfeld, dem Reviervorsteher des zuständigen Polizeireviers. Er trat den SA-Brandstiftern mit dem Hinweis auf den Denkmalschutz entgegen und organisierte das Löschen der bereits gelegten Brände durch die Feuerwehr. Bereits 1939 konnte die Synagoge wieder für Gottesdienste genutzt werden. Ihre Zerstörung geschah erst Jahre später in zwei Stufen. Am 23. November 1943 erlitt die Synagoge bei einem Angriff britischer Bomber schwere Schäden. Nach dem Krieg wurde sie als Steinbruch für Baumaterial genutzt, um 1958 endgültig abgerissen zu werden. Lediglich einige Mauerreste an der Straße blieben als Mahnmal erhalten.

Beschluss des teilweisen Wiederaufbaus in der DDR

Nachdem noch zu DDR-Zeiten der Beschluss gefasst wurde, Teile des Gebäudes wieder zu errichten, konnte das heutige Centrum Judaicum am 7. Mai 1995 eröffnet werden. Die Kuppel und die prachtvolle Straßenfront wurden original – getreu wiederaufgebaut, um an das ehemals reiche jüdische Leben in Berlin zu erinnern. Das dahinter – liegende Grundstück wurde als Freifläche gestaltet, in der der ehemalige wesentlich größere Grundriss zu erkennen ist. So schlägt der Neubau bereits architektonisch eine Brücke zu den Höhe- und Tiefpunkten der Geschichte. Für die eigentliche religiöse Nutzung befindet sich auch heute wieder ein kleiner jüdischer Gebetsraum in dem Gebäude. In den folgenden Jahren wurde es von Hermann Simon, bis 2015 Direktor des Centrum Judaicum, zum Mittelpunkt des Dialogs mit internationaler Ausstrahlung, das sich der Begegnung eben widmet wie der Erinnerung.

Buber-Rosenzweg-Medaille
Buber-Rosenzweg-MedailleImago / epd, Rolf Zöllner

Die Buber-Rosenzweig-Medaille

Für diese Arbeit soll die „Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum“ nun vom DKR geehrt werden. Der Koordinierungsrat ist eine bundesweite Vereinigung, die mehr als 80 Gesellschaften vertritt, die sich der christlich-jüdischen Zusammenarbeit widmen. In dieser Funktion ist er das größte Einzelmitglied im Internationalen Rat der Christen und Juden. Seit 1968 verleiht er die Buber-Rosenzweig-Medaille. Geehrt wurden in der Vergangenheit sowohl Einzelpersonen als auch Institutionen, unter ihnen Politiker (Richard von Weizsäcker, 1995; Angela Merkel, 2020), Theologen (Helmut Gollwitzer, 1973), Schriftsteller (Friedrich Dürrenmatt, 1977), Musiker (Yehudi Menuhin, 1989) und Journalisten (Charlotte Petersen, 1990) sowie Organisationen wie „Schule ohne Rassismus“ (2001), „Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste“ (1993) und die Siedlung Neve Schalom in Israel (1987).

Ehrung im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit

Die Ehrung wird am 5. März im Theater Erfurt vorgenommen – traditionell zur Eröffnung der „Woche der Brüderlichkeit“, die seit 1952 jeweils im März von den Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit veranstaltet wird. Unter einem wechselnden Jahresthema will sie auf die Zielsetzung der Gesellschaften hinweisen. Mehr Informationen im Internet: https://centrumjudaicum.de