Celler Stadtkantorei feiert Jubiläum

Die Celler Stadtkantorei feiert 100-jähriges Bestehen. Zum Jubiläum erhält sie Lob für ihre lebendige Musik- und Verkündigungspraxis – und für mehr.

Schwarze Talare und weiße Kragen sind das Erkennungszeichen der Celler Stadtkantorei, die hier unter Leitung von Stephan Doormann probt.
Schwarze Talare und weiße Kragen sind das Erkennungszeichen der Celler Stadtkantorei, die hier unter Leitung von Stephan Doormann probt.Celler Stadtkantorei

Als „Schatz“ bezeichnet einer die Celler Stadtkantorei, der es wissen muss: der Direktor des Michaelisklosters in Hildesheim, dem Zentrum für Kirchenmusik der Landeskirche Hannovers. Es sei ein Schatz, heutigen Menschen die Musiktradition Luthers und Bachs zu erschließen und gleichzeitig für moderne Werke offen zu sein, lobt Jochen Arnold das Wirken der Stadtkantorei. Ebenso sei es ein Schatz, das gottesdienstliche Singen zu pflegen und zum Mitsingen einzuladen. So würden junge Menschen für das Evangelium und die Chormusik begeistert.

Im Mittelpunkt der musikalischen Arbeit der Stadtkantorei, die an ihren talarähnlichen schwarzen Gewändern und weißen Kragen zu erkennen ist, stehen jedes Jahr mindestens zwei Oratorien und drei Bachkantaten. „Das sind Gottesdienste mit einer starken religiösen Aussagekraft“, sagt Stephan Doormann, der den übergemeindlichen Chor seit 2017 leitet und zugleich Kantor an der Celler Stadtkirche Sankt Marien ist. Musik könne Menschen auf einer anderen Ebene erreichen als die gesprochene Predigt, ist der vielfach prämierte Musiklehrer und Chordirigent überzeugt.

Ein Glücksfall für das kulturelle Angebot in Celle

Viele freuen sich über die Auftritte der Stadtkantorei, in der sich gegenwärtig rund 100 Sängerinnen und Sänger engagieren. Auch für die Residenzstadt Celle sei die Kantorei ein Glücksfall. „Sie ist mit Fug und Recht ein wichtiger Baustein im Kanon der Celler Traditionen“, sagt Oberbürgermeister Jörg Nigge. Die Konzerte seien wichtige Termine im Veranstaltungskalender und besondere Anziehungspunkte für Bewohner wie für Touristen, so Nigge. Besuche der Stadtkantorei in den Partnerstädten, gemeinsame Auftritte mit Chören aus Frankreich und Italien, Gastauftritte in Österreich und Italien hätten den Ruf der Kantorei über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus verbeitet.

Die Anfänge der Stadtkantorei reichen zurück zum „Klein-Chor“, einem Mädchenchor, den Fritz Schmidt, ein Musiklehrer an der Kaiserin-Auguste-Viktoria-Schule in Celle, 1922 ins Leben rief. Das Programm umfasste zunächst Volkslieder, Choräle und bekannte Kompositionen von Schütz, Mozart, Bach und Reger. Später kamen auch Männerstimmen hinzu. Und mit dem ersten von Instrumenten begleiteten Konzert im Jahr 1924 entstand die „Musikantengilde“, die neben Madrigalen und Motetten besonders häufig die Matthäus-Passion von Heinrich Schütz aufführte und so zur Renaissance des Musikers beitrug. Mehr als zehn Mal wurde das Werk allein in den ersten fünf Jahren aufgeführt. Mittlerweile sind es vor allem Kantanten, Choräle und Motetten von Johann Sebastian Bach, die ganz oben auf der Aufführungsstatistik stehen, darunter das Weihnachtsoratorium.

Erst in Gemeinschaft ist die volle Wirkung der Musik zu erleben

In den 30er-Jahren gründete der damalige Chorleiter Fritz Schmidt die Celler Kantoreischule, einen zunächst unabhängigen Chor aus gesanglich und instrumental geschultem Nachwuchs, der nach und nach mit der Musikantengilde verschmolz und nach dem Zweiten Weltkrieg schließlich unter dem neuen Namen „Stadtkantorei“ firmierte.

Heute sind es besonders einzelne musikalische Projekte, die Menschen zum Mitsingen ermuntert. „Wir suchen immer Nachwuchs, der eine gewisse Singerfahrung haben sollte“, sagt Doormann. Als Belohnung locke ein Gemeinschaftserlebnis. Erst in der Gemeinschaft entstehe die volle Wirkung der Musik, sagt der 47-jährige Musiker. „Man erhält etwas zurück, was über den eigenen Einsatz hinausgeht.“