Bundesweites Organspende-Register nimmt die Arbeit auf

Im neuen bundesweiten Organspende-Register können Organspender sich freiwillig registrieren. Der Organspende-Ausweis bleibt aber gültig.

Nach langem Vorlauf ist am Montag das digitale Organspende-Register gestartet. Politik und Gesundheitswesen erhoffen sich dadurch mehr Klarheit bei der Frage, ob Bürger für oder gegen eine Organspende sind. Transplantationsmediziner hoffen, dass Gespräche mit Angehörigen über eine Organspende einfacher werden, wenn der Wille des möglichen Spenders schriftlich hinterlegt ist. Letztlich soll damit auch die Zahl der Organspender erhöht werden. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet wichtige Fragen.

Deutschland liegt im internationalen Vergleich seit Jahren im unteren Tabellendrittel bei der Zahl der Organspenden. 2023 gab es laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation 965 Menschen, die nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe spendeten. Zugleich warten aber mehr als 8.000 schwerstkranke Patienten auf ein Spenderorgan. Viele Kliniken machen die Erfahrung, dass Menschen, die als Organspender in Frage kommen, keine Festlegungen über ein Ja oder Nein zu einer Spende getroffen haben. Auch viele Angehörige fühlen sich in einem solchen Fall überfordert und entscheiden sich deshalb gegen eine Transplantation. Ein digitales Spendenregister soll helfen, dass möglichst viele Bundesbürger ihre Haltung zur Organspende klar dokumentieren und damit auch Entscheidungswege verkürzen.

Ähnliche Register gibt es in mehreren EU-Ländern. In Dänemark wurde es 2010 eingeführt; bis Ende vergangenen Jahres waren dort 28 Prozent aller über 15-Jährigen registriert. Großbritannien führte bereits 1994 ein Organspende-Register ein, die Niederlande folgten 1998. Während in Großbritannien die Eintragung freiwillig ist, wurde sie in den Niederlanden verpflichtend. Eine britisch-niederländische Studie zeigte, dass sich nur etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung in das britische Register eintrug, während in den Niederlanden alle Personen registriert sind. Die Schweiz sperrte aufgrund der Anfälligkeit für Hacker-Angriffe 2022 ihr Register. Frühestens 2026 soll es einen neuen Versuch geben.

Das Verfahren soll einfach, freiwillig und kostenlos sein. Wie der Organspendeausweis, die Patientenverfügung oder die elektronische Patientenakte soll das beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelte digitale Organspende-Register die Entscheidung für oder gegen eine Organ- und Gewebespende dokumentieren. Möglich ist das für Personen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr; ein Widerspruch gegen eine Spende kann bereits mit Vollendung des 14. Lebensjahres erfolgen. Eine einmal hinterlegte Entscheidung kann jederzeit geändert und widerrufen werden. Auf der Seite der Krankenhäuser sollen auskunftsberechtigte Ärztinnen und Ärzte und Transplantationsbeauftragte rund um die Uhr auf das Register zugreifen können. Sowohl für das Eintragen als auch für das Abrufen der Organspendeerklärungen sind digitale Authentifizierungsverfahren vorgesehen.

Nein, es startet in mehreren Stufen. Ab dem heutigen Montag ist es möglich, von zuhause aus unter der Internetadresse www.organspende-register.de seine Haltung in dem Register zu dokumentieren. Voraussetzung ist allerdings, dass man über einen Personalausweis mit Online-Funktion und PIN (eID) verfügt.

In einem zweiten Schritt ist geplant, dass Kliniken, die Organe entnehmen, im Register hinterlegte Erklärungen suchen und abrufen können. Die Krankenhäuser müssen dafür aus Datenschutzgründen eigens Personen benennen, die Zugang zum Register erhalten. Eine Abfrage ist dann zulässig, wenn der Tod eines möglichen Organspenders festgestellt worden ist, unmittelbar bevorsteht oder als bereits eingetreten vermutet wird. Bis zum 1. Juli müssen alle Entnahmekrankenhäuser an das Register angebunden sein und abrufberechtigte Personen (Ärztinnen und Ärzte, pflegerische Transplantationsbeauftragte) benannt haben. Spätestens bis zum 30. September erhalten Versicherte dann eine weitere Möglichkeit des Zugangs zum Register. Dann soll es möglich sein, dass sie Erklärungen auch direkt mit Hilfe ihrer GesundheitsID eintragen können. Diese sogenannte digitale Identität erhalten sie über Krankenkassen-Apps und ihre elektronische Patientenakte.

Um auch Menschen ohne Internetzugang oder Computer eine rechtssichere Dokumentation zu ermöglichen, bleibt auch der Organspendeausweis zukünftig gültig. Wer in der Vergangenheit einen Organspendeausweis ausgefüllt hat und seine Erklärung nun im digitalen Register registrieren möchte, sollte darauf achten, dass die Erklärungen übereinstimmen. Es gilt nach Darstellung des Bundesinstituts BfArM immer die jüngste, aktuellste Erklärung. In jedem Fall bleibt es auch in Zukunft sinnvoll, mit den Angehörigen über seine persönliche Entscheidung zu sprechen.

In der Schweiz hat es bis 2022 keinen Anstieg der Spenderzahlen gegeben. Franz Immer, Direktor der Schweizer nationalen Organspendeorganisation Swisstransplant, verweist zudem darauf, dass in einem freiwilligen Register die Zahl der Registrierungen immer tief geblieben ist. Auch in den Niederlanden stieg die Zahl der Spender nicht nennenswert.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beantwortet die Frage mit einem klaren „Ja“. In der Pressekonferenz zum Start des Registers am Montag in Berlin sprach er von einem wichtigen Meilenstein. Er halte aber die Widerspruchslösung „für alternativlos“. Bei der Widerspruchslösung muss man einer Organentnahme aktiv widersprechen. Ein Vorstoß für ein solches Gesetz muss nach Ansicht Lauterbachs aber aus der Mitte des Parlaments kommen.