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Corona: Bundestag entscheidet über Enquete-Kommission

Die Corona-Pandemie hat sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Die Folgen sind gesellschaftlich, wirtschaftlich und gesundheitlich weiterhin spürbar. Nun soll aufgearbeitet werden.

Solche Schilder waren während der Corona-Pandemie allgegenwärtig
Solche Schilder waren während der Corona-Pandemie allgegenwärtigImago / Wolfgang Maria Weber

Während die Ampel-Regierung keine Aufarbeitungskommission zur Corona-Pandemie eingesetzt hat, setzt die Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) das Thema weit vorn auf die Agenda. Am Donnerstag entscheidet der Bundestag über die Einsetzung einer sogenannten Enquete-Kommission zur “Aufarbeitung der Corona-Pandemie und Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse”. Hier kommen Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was soll die Aufarbeitungskommission machen?
Geplant ist eine sogenannte Enquete-Kommission im Bundestag. Diese soll ein transparentes, faktenbasiertes Gesamtbild der Pandemie, ihrer Ursachen, Verläufe und Folgen einerseits sowie der staatlichen Maßnahmen andererseits ausarbeiten. Ziel ist, so der Antrag von Union und SPD, beim Auftreten einer vergleichbaren Pandemie so vorbereitet zu sein, dass schnell, wirksam und mit einer klaren Kommunikation gehandelt werden kann.

Um welche Themen wird es konkret gehen?
Sicher wird die Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in die Grundrechte, etwa Ausgangsbeschränkungen oder Maskenpflicht, ein Thema werden. Auch über die Länderhoheit bei Gesundheitsfragen dürfte gesprochen werden. Weitere Themen dürften das Gesundheitssystem als Ganzes sowie der Austausch mit der Wissenschaft sein – und vermutlich auch die Strategie der Kommunikation mit der Bevölkerung. Der Bericht zur Maskenbeschaffung von Sonderermittlerin Margaretha Sudhof und die Rolle des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) dürfte die Kommissionsmitglieder ebenfalls beschäftigen.

Enquete-Kommission: 14 Abgeordnete sind dabei

Wie kann eine Enquete-Kommission eingesetzt werden?
Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder ist der Bundestag grundsätzlich verpflichtet, eine solche Kommission einzusetzen. Mit der Mehrheit von Union und SPD ist das also kein Problem. Am Donnerstag wird über die Einsetzung abgestimmt. Die AfD-Fraktion fordert parallel in einem eigenen Antrag einen zusätzlichen Untersuchungsausschuss. Auch dem müssten ein Viertel der Abgeordneten zustimmen. Das ist unwahrscheinlich.

Wer wird der Kommission angehören?
Der Kommission sollen 14 Bundestagsabgeordnete sowie 14 Sachverständige angehören. Die Unionsfraktion darf fünf Mitglieder aus ihren Reihen benennen, die Fraktionen von AfD und SPD je drei, die Grünen-Fraktion zwei und die Linke-Fraktion ein Mitglied. Die Sachverständigen sollen im Einvernehmen der Fraktionen benannt werden, bei angemessener Beteiligung der Länder und Kommunen.

Wann ist mit Ergebnissen zu rechnen?
Der Abschlussbericht soll bis zum 30. Juni 2027 vorliegen. Die Kommission kann aber Zwischenberichte erarbeiten und diese dem Bundestag vorlegen.

Corona: Bundespräsident Steinmeier warnt vor Abrechnen

Ist es die erste Aufarbeitung der Pandemie?
Zahlreiche Wissenschaftler sowie andere Gremien, darunter der Deutsche Ethikrat, haben Erfahrungen aus der Pandemie aufgearbeitet. Die ehemalige Vorsitzende des Ethikrats, Alena Buyx, begrüßte die Enquete-Kommission folglich als richtigen Schritt. “Besonders sinnvoll ist der Fokus auf Lehren, die für zukünftige, ähnliche Situationen gezogen werden können”, sagte die Medizinethikerin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Denn, so Buyx weiter, “ein gesellschaftlicher Heilungsprozess steht teils noch aus”.

Gab es denn auch erste politische Aufarbeitung?
Der von Ex-Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geforderte Corona-Bürgerrat wurde nie eingesetzt, die vor allem von der FDP verlangte Enquete-Kommission bislang ebenfalls nicht. Auch ein Vorstoß für einen Corona-Untersuchungsausschuss im Bundestag scheiterte. Zwar gab es einen Sachverständigenausschuss zur Auswertung der Corona-Auflagen, aber mit beschränkter Aussagekraft mangels Daten. Es gibt einzelne Aufarbeitungskommissionen in den Bundesländern. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte direkt nach der vergangenen Bundestagswahl die Dringlichkeit der Aufarbeitung betont – ohne Suche nach Sündenböcken. Dazu lud er selbst zu einer Diskussionsveranstaltung zu Lehren aus Corona ins Schloss Bellevue ein.

Keine Sündenböcke suchen – ist das möglich?
Es ist zumindest das Ziel. Denn nicht nur Steinmeier hat davor gewarnt, auch zahlreiche Vertreter aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, etwa der Deutsche Caritasverband, warnen vor einem Abrechnen nach der Pandemie. Vielmehr sollte es, so der explizite Wunsch des Bundespräsidenten, darum gehen, über Transparenz und gute Kommunikation verlorenes Vertrauen in den Politikbetrieb wiederzugewinnen.