Bundeskabinett verabschiedet Pharma-Strategie

Die Bundesregierung will die Pharmaforschung und -produktion in die Bundesrepublik zurückholen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch eine Pharma-Strategie, mit der auch Abhängigkeiten von Nicht-EU-Ländern verringert werden sollen. Sie sind durch Verlagerung großer Teile der Arzneiproduktion nach China oder Indien entstanden.

Das Gesetz solle unter anderem klinische Studien vereinfachen, beschleunigen und entbürokratisieren, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Vorfeld. Deutschland sei bei Pharma-Innovationen und klinischen Studien zuletzt deutlich zurückgefallen. So gebe es in Großbritannien zehn Mal so viele Patente wie in Deutschland und 20 Mal so viele Ansiedlungen einer tatsächlichen Produktion. Das zentrale Problem seien sehr langsame und teure Genehmigungsprozesse.

Lauterbach zufolge sollen die Zulassungsverfahren künftig in Musterverträgen vereinfacht und gebündelt werden, um die oft überlangen Vertragsverhandlungen zwischen Unternehmen und Kliniken oder Praxen über klinische Studien abzukürzen. Für alle überregionalen klinischen Studien soll dann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zuständig sein. Das gelte für Universitäten sowie für die Pharmaindustrie und schließe digitale Studien ein.

Insbesondere Prüfungen zu Fragen der Ethik, des Strahlen- und des Datenschutzes sollen vereinfacht werden. Konkret soll unter anderem eine neue Bundes-Ethik-Kommission beim BfArM über wichtige Forschungsanträge entscheiden. Innerhalb von 25 Tagen soll der Genehmigungsprozess abgeschlossen werden. Vorgesehen ist auch, Start-up-Unternehmen mit steuerlichen Anreizen für Ansiedlungen zu gewinnen.

Schon vor Wochen hatte der Gesundheitsminister angekündigt, dass Forscherinnen und Forscher einen besseren Zugang zu Gesundheitsdaten haben sollen. So sieht das am Donnerstag im Bundestag zur Abstimmung stehende Digitalgesetz die Einführung einer elektronischen Patientenakte für alle Versicherten vor. Wenn die Versicherten nicht widersprechen, sollen die darin gespeicherten Daten pseudonymisiert, bundesweit zusammengeführt werden und dann auch in die Forschung fließen können.

Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller begrüßte die Pläne im Vorfeld. „Die Bundesregierung hat erkannt, dass Pharmaforschung im eigenen Land für die Versorgung von Patientinnen und Patienten elementar ist. Wenn diese Forschung zunehmend nur noch andernorts stattfindet, wandern wichtige Zukunftskompetenzen ab, und mit ihnen wirtschaftliche Chancen“, sagte Präsident Han Steutel. „Um hier gegenzusteuern, sind schnellere Entscheidungswege, mehr Zugang zu Gesundheitsdaten sowie landesweit konsistente ethische und Datenschutz-Anforderungen nötig.“