Bündnis Kindergrundsicherung fordert „echten Systemwechsel“

Bei den im Bündnis Kindergrundsicherung organisierten Familien- und Sozialverbänden machen sich Zweifel am Gelingen der Reform breit. Die Sprecherin des Bündnisses und Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, erklärte am Freitag in Berlin, derzeit werde in der Politik intensiv darüber gesprochen, ob Kinder von Bürgergeld beziehenden Eltern weiterhin in den Jobcentern betreut werden sollten. „Dazu geben wir als Bündnis klar ein Veto“, sagte Bentele.

Aus Sicht des Bündnisses würde damit das Kernziel der Reform verfehlt, eine Grundsicherung für alle Kinder einzuführen, unabhängig vom Status ihrer Eltern. Kinder seien keine kleinen Arbeitslosen und müssten raus aus dem Bürgergeld, erklärte das Bündnis. Alles andere sei Etikettenschwindel. Rückenwind erhielten die Verbände von der Bertelsmann Stiftung.

In der Kindergrundsicherung sollen das Kindergeld, der Kinderzuschlag für Geringverdiener und die Leistungen für Kinder aus dem Bürgergeld zusammengefasst werden. Die Ampel-Koalition bezeichnet die Vereinfachung der Familienleistungen zur Bekämpfung von Kinderarmut als ihre wichtigste sozialpolitische Reform. Seit Wochen verhandeln die Fachpolitiker von SPD, Grünen und FDP im Bundestag über den Gesetzentwurf von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne).

Die Bertelsmann Stiftung forderte in einem „Policy Brief“ vom Freitag Nachbesserungen, um die Weichen für insgesamt 4,5 Millionen armutsgefährdete Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene richtig zu stellen. Das Gesetz sollte an den geplanten Familienservicestellen trotz der zusätzlichen Kosten festhalten, empfehlen die Expertinnen der Stiftung. Langfristig sei dieser Weg richtig, damit die Kindergrundsicherung wirklich bei allen Kindern ankomme.

Der Präsident der evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie (eaf), Martin Bujard, verlangte ebenfalls, dass der Gesetzentwurf an entscheidenden Punkten noch überarbeitet werden müsse. Dazu zähle, die in bestimmten Fällen mögliche Schlechterstellung von Alleinerziehenden zu verhindern und die existenzsichernden Leistungen für arme Kinder stärker am tatsächlichen Bedarf der Kinder auszurichten, statt ihre Leistungen wie die von Erwachsenen zu berechnen.

Die Präsidentin des Kinderschutzbundes und Koordinatorin des Bündnisses, Sabine Andresen, erklärte: „Eine Reform, die den Namen Kindergrundsicherung trägt, kann nicht zwei Millionen armutsbetroffene Kinder aus dem Bürgergeld ausklammern und sie in einem unpassenden System für Arbeitslose belassen.“ Andresen forderte die Regierungsparteien auf, „einen echten Systemwechsel einzuläuten“. Andernfalls habe die Kindergrundsicherungs-Reform „Namen, Kosten und Aufwand nicht verdient“, sagte sie.

Die Einführung der Kindergrundsicherung ist für 2025 geplant. Anträge und Auszahlung der Leistungen sollen einfacher werden und die Familien möglichst nur noch eine Anlaufstelle haben. Die Umsetzung ist jedoch schwierig. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) soll die Familienkassen zu Familienservicestellen ausbauen, kann dies aber nach eigenen Angaben bis Anfang 2025 nicht leisten. Kommunalverbände und andere Akteure schlagen daher vor, Kinder, die mit ihren Eltern Bürgergeld beziehen, weiter in den Jobcentern betreuen zu lassen.

Dem Bündnis Kindergrundsicherung gehören zwanzig Organisationen an, darunter große Sozialverbände wie die Diakonie und der Paritätische Gesamtverband sowie Kinderschutz- und Familienverbände. Es wird von zahlreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterstützt.