„Ich habe irgendwo gelesen, wenn sie frustriert sind, gründen sie ein Projekt. Und das habe ich gemacht.“ Lutz Naschke behält seinen Humor, obwohl ihm angesichts der aktuellen Lage rund um das Weltklima nicht zum Lachen zumute ist. Jetzt, wo im brasilianischen Belém die UN-Klimakonferenz zum 30. Mal tagt, ist die Hoffnung auf wirkliche Veränderung einem trüben Blick in die Zukunft gewichen. „Wir sind auf einem Tiefpunkt des Engagements für Klimaschutz“, sagt Naschke. Und doch oder vielleicht gerade deshalb hat er mit Mitstreitern in Guben ein Klimaprojekt gegründet: ArcheN. Er beschreibt es als eine Initiative des Handelns – für den Klimaschutz, Artenschutz und Nachhaltigkeit. „Dass wir momentan noch so unvorbereitet sind auf das was da auf uns zukommt“, mit diesem Prozess beschäftigen sie sich in der Gubener Initiative. „Wir glauben, dass Kirche eine große Rolle spielen wird.“
Naschke, der zwar in Berlin lebt und als Lehrer arbeitet, hat in seiner brandenburgischen Heimat, einen Ort der Hoffnung etabliert. Sein Garten ist Teil seines Projekts „Arche N – Schöpfung und Hoffnung bewahren“. Er will zeigen, wie Gärten naturnah und im Einklang mit der Schöpfung gestaltet werden können. Das Projekt ist in das monatliche Format „Läuten für die Schöpfung“ der Kirchengemeinde Region Guben eingebunden. Beim „Schöpfungsläuten“ erklingen seit März 2025 die Kirchenglocken einmal im Monat sonntags um 18 Uhr für fünf Minuten, um auf die ökologische Krise und den Klimaschutz aufmerksam zu machen. Zusätzlich zu dem regelmäßigen Läuten finden in der Bergkapelle Guben und anderen Orten Veranstaltungen statt.
Hoffnung trotz Ernüchterung
Naschke war spätestens, wie er sagt, seit 2020/2021 ernüchtert von einer Politik, die seiner Meinung nach, viel zu wenig tue, um der Klimakrise angemessen zu begegnen. Klimaforscher untermauern sein Gefühl der Desillusion. Und auch die Jugend, die vor einigen Jahren noch so zahlreich auf die Klimademos ging, habe man verprellt. Zu wenig ideelle und praktische Unterstützung von Gesellschaft und Entscheidern. Und wie man damals mit der Letzten Generation umgegangen sei – „das war zutiefst frustrierend“. Die Leute seien mutlos und verzweifelt gewesen. Im letzten Jahr habe es noch eine alternative Klimakonferenz in Berlin gegeben. Dieses Jahr nicht mehr. Und als er für den heute in Berlin stattfindenden Klimastreik nach Unterstützung bei den Christians for Future suchte, erfuhr er, dass die Gruppe inaktiv sei. „Alles was es gegeben hat an großen Aktivitäten, hat eine Gesellschaft ins Leere laufen lassen.“
Eigentlich fing alles mit der 1. UN-Klimakonferenz in Berlin 1995 an. Bevor Lutz Naschke weiter über seine Klimaprojekte in der brandenburgischen Kleinstadt Guben sprechen will, geht er gedanklich einen Schritt zurück. Damals, so erzählt er, wollte man ein starkes Zeichen setzen: Eine spektakuläre Seilbalance vom Fernsehturm zum Roten Rathaus sollte sinnbildlich zeigen, dass die Menschheit die Balance zwischen Ökologie und Ökonomie halten kann. Doch ausgerechnet an diesem Abend machte das Wetter dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Es war ungewöhnlich kalt für Ende März, stürmisch und regnerisch. Der Artist verlor auf dem schwankenden Seil das Gleichgewicht – die Balancierstange stürzte in die Tiefe. Zwar blieb er unverletzt, musste jedoch abbrechen. „Wir Menschen wollten ein Zeichen setzen, dass wir es schaffen. Es wurde dann aber zum Zeichen, dass wir es nicht schaffen“, sagt Naschke nachdenklich.

Mut machen trotz Krise
Natürlich wisse er, dass er als Einzelperson nicht viel ausrichten kann. Aber, so findet Naschke, wenn die Menschheit in eine existentielle Krise gerät, dann müsse man doch Perspektiven schaffen, Mut machen. In Guben hatte er nicht nur den eigenen Garten, sondern auch ein vertrautes Netzwerk, dass ihm von Beginn an zur Seite stand: einen Bürgermeister, der offen für seine Ideen ist und in diesem Jahr sogar die Stelle eines Klimamanagers geschaffen hat, den Verein pro-Guben sowie eine enge Bindung an die Kirchengemeinde. Besonders sei die Beziehung zum Pfarrer der Gemeinde, Eric Söllner. „Das machen wir“, habe der gesagt. Nun werfen die beiden sich die Bälle zu. „Das funktioniert großartig“, erzählt Naschke begeistert.
In einem Titelkommentar Im Frühjahr für die Wochenzeitung „die Kirche“ hatte Naschke Kirchengemeinden in der EKBO dazu aufgerufen, es den Gubenern gleichzutun und sich dem Schöpfungsläuten anzuschließen. An den „Riesenerfolg“ habe man nie geglaubt, erzählt Naschke. „Wir sind einfach froh, dass unsere Projekte so niederschwellig laufen.“ Jetzt gehe es erst einmal darum, wie eine Gellschaft die Krisen der Zukunft bewältigen kann. Er hält es da ganz mit dem Sozialpsychologen Erich Fromm, in dessen Werk „Haben oder Sein“ es über die Befähigung des Menschen heißt: Er verändert sich, wenn er daran glaubt, dass er es kann.
