Blockbuster und Netflix-Serien: Berliner Kirchen als Filmkulisse

Berlin gilt als Filmstadt. Kirchen dienen dabei oft als Kulisse. Sie setzen als Orte des Glaubens sogar eigene Akzente – wie in dem Spielfilm „Sterben“.

Ein beliebter Drehort: Elisabeth-Kirche Berlin-Mitte
Ein beliebter Drehort: Elisabeth-Kirche Berlin-MitteUlrike Mattern

„Noch langsamer, nicht hetzen“, sagt Lars Eidinger. Der Schauspieler verkörpert in dem Spielfilm „Sterben“ den Dirigenten Tom Lunies. Gerade steht er am Pult vor einem Jugendorchester, das in der St.-Elisabeth-Kirche in Berlin-Mitte die titelgebende Komposition probt. Eidinger gibt in dieser Schlüsselszene Takt und Tempo des dreistündigen Dramas von Matthias Glasner vor, das im Februar bei der Berlinale den Silbernen Bären für das Beste Drehbuch gewann. „Bleibt bei mir“, bittet der Dirigent. Damit lenkt er die Tonalität der dicht gedrängt sitzenden Musikerinnen und Musiker und des Chors im Hintergrund – und spricht indirekt die Sterbenden und Lebenshungrigen in der weiteren Filmhandlung an.

Respekt vor dem Sakralen

Die Schinkel-Kirche St. Elisabeth im Kirchpark an der Invalidenstraße sei das „Wunschmotiv“ von Regisseur Glasner gewesen, heißt es vonseiten der Produktionsfirma und lobt die Zusammenarbeit mit dem Kultur Büro Elisabeth. Dieses bewirtschaftet als gemeinnützige GmbH seit über 20 Jahren mehrere Gebäude der Evangelischen Kirchengemeinde am Weinberg durch Vermietungen und ein Kulturprogramm.

Geschäftsführerin Thekla Wolff begleitete viele Dreharbeiten selbst. Die Theater- und Filmwissenschaftlerin ist gut vernetzt mit Locationscouts. Ein- bis zweimal jährlich betreue das Veranstaltungsteam eine größere Film- oder Fernsehproduktion, Dreharbeiten für Werbung oder ein Kunstprojekt finden regelmäßig statt. „Bei allen Anfragen achten wir darauf, ob diese mit den sakralen Räumen vereinbar sind“, sagt Wolff. Der Denkmalschutz muss bei Aufund Umbauten ebenfalls berücksichtigt werden.

St. Elisabeth Kirche Berlin-Mitte iluminiert bei Festival of Lights
St. Elisabeth Kirche Berlin-Mitte iluminiert bei Festival of LightsImago / Rolf Zöllner

Eine Broschüre der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburgschlesische Oberlausitz (EKBO) von 2019 bietet Orientierung: „Kirchen – Häuser Gottes für die Menschen. Zur Nutzung und Nutzungserweiterung von Kirchengebäuden“. Vor allem der Altarraum muss unverändert bleiben. Zudem dürften Kirchenräume „nicht für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt werden, die der christlichen Tradition und Verkündigung widersprechen“.

Zionskirche als Drehort für Netflix-Serie „Unorthodox“

Natürlich gebe es Produktionen, sagt Wolff, die Kirchen bloß als Kulisse im Hintergrund verwendeten. „Aber die Einnahmen aus Dreharbeiten tragen auch dazu bei, die Ausgaben zur Erhaltung der Gemeindegebäude zu unterstützen.“ Tagespreise für Filmaufnahmen seien Verhandlungssache. Die Begleitung an mehreren Aufbau- und Drehtagen bedeutet Aufwand: Das Kultur Büro Elisabeth stellt meist Tagesdienst, Techniker, Betriebsund Reinigungskosten in Rechnung. Zudem erfordere ein Dreh viel Kommunikation, auch mit der Nachbarschaft, so Wolff. Regisseurin Hermine Huntgeburth drehte beispielsweise für „Effi Briest“ (2009) in der Villa Elisabeth. Schauspieler Otto Waalkes war als Hexenmeister für die Komödie „Catweazle“ (2021) im denkmalgeschützten Kirchpark unterwegs. In der Zionskirche spielt eine Chorszene aus der international erfolgreichen Netflix-Serie „Unorthodox“ (2022).

„Na, junger Mann, küssen Sie doch die kleine Frau“, ruft der Hochzeitfotograf in „Die Legende von Paul und Paula“ dem Brautpaar vor der Auferstehungskirche in Berlin-Friedrichshain zu. Anfang der 1970er Jahre gedreht, wurde der Film von Regisseur Heiner Carow zum Publikumsmagneten in der DDR: Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer sahen dabei auch die weiße Hochzeitskutsche mit Pferden vor dem Kirchenportal vorfahren. Stadtführerin Steffi Brand von der Agentur Cross Roads führt zum Start der Themenwoche „Film Kult. Kino. Kamera“ am 22. April zu den Drehorten des DEFA-Kultfilms.

Kapelle in der Immanuelkirche als Schauplatz für „Babylon Berlin“

Kirchen bieten das Setting für Hochzeiten – und Trauerfälle: Die Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche in Tiergarten gibt einer Trauerfeier in der Komödie „Drei“ (2010) von Regisseur Tom Tykwer den angemessenen Rahmen. Die Kapelle in der Immanuelkirche in Prenzlauer Berg wurde für die TV-Serie „Babylon Berlin“ (2017–2023) zum Krankenzimmer umfunktioniert, Kommissar Gereon Rath geht in der fulminanten Eröffnungsszene der ersten Folge durch das Hauptschiff des Backsteinbaus, der nach Drehbuchvorgabe in Köln angesiedelt sein soll. Christiane Bertelsmann, Pressesprecherin des Evangelischen Kirchenkreises Berlin Stadtmitte, und ihre Kolleginnen und Kollegen in der EKBO erhalten zahlreiche Anfragen von Produktionsfirmen. „Prinzipiell sind wir erst mal für Drehanfragen offen“, sagt Bertelsmann. „Aber wir wollen natürlich genau wissen, in welchem Kontext die Kirche genutzt wird.“

Südwestkirchhof Stahnsdorf Drehort für Mystery-Thriller „Dark“

Friedhöfe sind ebenfalls beliebte Schauplätze: Der Südwestkirchhof Stahnsdorf in Brandenburg bot mit seiner Kapelle nach dem Vorbild einer norwegischen Stabkirche ein gutes Motiv für die erste deutsche Netflix-Serie, den Mystery-Thriller „Dark“ (2017–2020). Aber nicht immer finden Szenen, die vor oder in Kirchengebäuden spielen, eine so gelungene Umsetzung wie die Orchesterprobe in dem Film „Sterben“. „Das Thema des Films ist mir ein wichtiges Anliegen“, sagt Thekla Wolff vom Kultur Büro Elisabeth. „Alles spielt optimal zusammen, auch bei Regie und Besetzung. Das hat mich sehr glücklich gemacht.“

Friedhofskapelle auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf
Friedhofskapelle auf dem Südwestkirchhof in StahnsdorfImago / Zoonar

Terminhinweise und Tipps:

  • 22.–28. April: Themenwoche Film von Cross Roads, Termine und Anmeldung zu den Führungen unter www.crossroads-berlin.com
  • Der Veranstalter Zeitreisen bietet regelmäßig Babylon-Berlin-Touren an, Informationen und Tickets unter videosightseeing.de
  • Der Film „Sterben“ kommt ab 25. April ins Kino