Ein Berliner Café auf dem Friedhof wird zum Treffpunkt

Vor 20 Jahren begann das Kultur Büro Sophien Berlin seine Arbeit in der Kirchengemeinde. Jetzt wird neben der Villa Elisabeth auch ein Friedhofscafé betrieben.

Garten Café Elisabeth auf Friedhof Sophien in Berlin-Mitte
Garten Café Elisabeth auf Friedhof Sophien in Berlin-MitteKultur Büro Elisabeth

Die einen beklagen die Abwendung der Menschen von der Kirche. Die anderen beleben unverdrossen – und auch zusammen mit nicht-kirchlichen Akteuren – die spirituelle Gemeinschaft. Die Evangelische Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hat für Innovationen im kirchlichen Raum 2020 den Projektfonds „Dritte Orte“ aufgelegt. Von dessen Anschubfinanzierung profitiert zum Beispiel das neue Café Lisbeth auf dem Sophienfriedhof in Berlin-Mitte.

Im vergangenen Jahr stellte der Friedhofsverband Berlin Stadtmitte der Evangelischen Kirchengemeinde am Weinberg das doppelstöckige Gebäude nebst Wärterhäuschen für zwei Jahre als Zwischennutzung für einen Café- und Kulturbetrieb zur Verfügung. Ab Mai 2022 wurde es renoviert und im September desselben Jahres eröffnet.

Konzerte, Theater- und Tanzaufführungen

Die Gemeinde am Weinberg, zu der die Sophien-, Golgatha-, Zionskirche und die St.-Elisabeth-Kirche in Mitte gehören, betreibt seit 2003 das Unternehmen Kulturbüro Sophien, das 2015 unter dem Namen Kultur Büro Elisabeth zu einer gemeinnützigen GmbH umgewandelt wurde. Seit Ende der 1990er Jahre finden in der inzwischen sanierten St.-Elisabeth-Kirche und der Villa Elisabeth am Kirchpark an der Invalidenstraße Konzerte, Theater- und Tanzaufführungen statt.

Team Kultur Büro Elisabeth Alexis Hymann Wolf, >Mirjam Wulff, Thekla Wolff, ISabel Schubert (v.l.n.re.)
Team Kultur Büro Elisabeth Alexis Hymann Wolf, >Mirjam Wulff, Thekla Wolff, ISabel Schubert (v.l.n.re.)Kultur Büro Elisabeth

Die künstlerische Leiterin Isabel Schubert kuratiert mit ihrem Team ein Programm mit Schwerpunkten auf alter Musik, ambitionierten Chören und experimentellen Tanzstücken. Die Kosten der Gebäude und des laufenden Betriebes erwirtschaftet das Kultur Büro Elisabeth selbst. Es ist daher auf Einnahmen aus Veranstaltungen, Vermietungen, Kooperationen und auf öffentliche beziehungsweise kirchliche Gelder angewiesen.

Café Lisbeth ist Treffpunkt für Kiezbewohner

Die frisch renovierten Räume im Café Lisbeth können ebenfalls von Firmen oder Gruppen für Seminare oder Meetings angemietet werden. Zudem finden hier nach Beerdigungen auf dem Sophienfriedhof Trauerfeiern statt. Während der Öffnungszeiten des Cafés ist Platz für rund 30 Personen im Gastraum nebst Wintergarten, es wird selbst gebackener Kuchen serviert. Draußen im Garten stehen für sonnige Herbsttage Stühle und Tische bereit, ein mit Sand gefülltes Ruderboot diente im Sommer als Buddelkasten für die Kleinen. Inzwischen gebe es viele Stammkunden aus der Umgebung und der Kirchengemeinde, sagt Alexis Hyman Wolff. Einige von ihnen kämen direkt im Anschluss an den Gottesdienst zum Kaffee hier her. Die in Los Angeles geborene Kuratorin gehört zum Planungsteam von Lisbeth. „Das Café ist ein wichtiger Ort im Kiez geworden“, sagt Hyman Wolff.

Zusammen mit der Theologin Mirjam Wulff, die auch für die seelsorgerliche Begleitung zuständig ist, verantwortet sie das Programm mit Ausstellungen, Lesungen, Workshops und regelmäßigen Terminen wie der Sprechstunde für Trauernde: „Von der Seele reden“. Sie findet freitags von 16 bis 18 Uhr im Leseraum des Cafés statt. Die Mütter mit Kindern und ältere Menschen flanieren gern über den Friedhof, einige pflegen die Gräber – und sind jetzt des Öfteren zu Gast im Café. Um diese Altersgruppen nicht nur über Kaffee und Kuchen zu verbinden, gibt es einmal im Monat einen dreistündigen Workshop im Rahmen der „Schule des Weitergebens“.

Hyman Wolff hat das generationenübergreifende Format entwickelt. „Ich möchte das Wissen und das Können, das sich im Lauf eines Lebens angesammelt hat, würdigen“, sagt sie. Die Teilnehmenden lernen dabei eine traditionelle Kulturtechnik kennen: Brigitte Wenck aus der Zionskirchengemeinde stellte zum Beispiel im September das Sticken von Rosetten vor, Ellen Kubitza gab im Oktober einen Einblick in „spirituelles Körperlernen“ und Bewegungen im Alltag.

Ausstellung „Metamorphosen“ mit Arbeiten von Ingrid Göttlicher und Robert Mingau

Einen Monat später stehen die uralte Konservierungsmethode des Fermentierens im Mittelpunkt, die in den vergangenen Jahren ein Comeback feierte, und der Lebenszyklus von Lebensmitteln (10. November, 13 bis 16 Uhr). Passend dazu ist bis 26. November in den Café-Räumen die Ausstellung „Metamorphosen“ mit Arbeiten von Ingrid Göttlicher und Robert Mingau zu sehen. Sei es der Nährstoffkreislauf in der Natur oder der Gestaltenwechsel in der Mythologie – die Zeichen stehen auf Veränderung.