Bistum legt Missbrauchsstudie zu früherem Lebensberater vor

Er galt als Experte für Psychoanalyse und baute etliche Beratungsstellen im Bistum Osnabrück auf. Seine Kenntnisse nutzte der Mann aber auch für Demütigungen und Missbrauch, wie eine Studie jetzt offenlegte.

Ein früherer Leiter der Beratungsstellen im Bistum Osnabrück soll sich in seiner Amtszeit von 1969 bis 1996 des Machtmissbrauchs und Gewaltanwendung gegen Mitarbeiter und Klienten schuldig gemacht haben. Zu diesem Ergebnis kommt eine bistumsinterne Untersuchung, deren Ergebnis die Diözese am Mittwoch veröffentlichte. Der Mann, mit S. benannt, starb laut Bistum 2004 und war kein Kleriker.

Der frühere Leiter des Referats für Ehe-, Familien-, Lebens- und Erziehungsberatung (EFLE) habe als “Koryphäe auf dem Gebiet der Verzahnung von Theologie und Psychoanalyse” gegolten, heißt es im Bericht. Er war am Aufbau zahlreicher kirchlicher Beratungsstellen beteiligt und leitete selbst eine solche.

Laut der Untersuchung hat S. wiederholt seine Rollen als Vorgesetzter, Therapeut und Ausbildungsleiter vermischt und Vertrauensverhältnisse ausgenutzt und missbraucht. Das in den Gesprächen erworbene Wissen habe er genutzt, um sich ein Netz von Abhängigkeiten zu schaffen und Macht über die Betroffenen auszuüben.

Die von der diözesanen Monitoringgruppe angestoßene Untersuchung durch eine Juristin und einen Kirchenrechtler ist laut Bistum nicht Teil der Aufarbeitungsstudie der Universität Osnabrück zu sexualisierter Gewalt im Bistum Osnabrück. Vielmehr habe das Gremium die interne Untersuchung 2022 selbst angestoßen, nachdem sich Betroffene gemeldet hatten. Die Untersuchung habe nicht nur Akten ausgewertet, sondern auch mit über 15 Zeugen gesprochen, darunter mehreren Betroffenen.

S. soll Klienten und Schulungsteilnehmer in Gruppensituationen gedemütigt haben; dabei sei es auch zu körperlicher Gewalt gekommen. Mehrere Betroffene berichten, von S. sexuell missbraucht worden zu sein. Unter den Betroffenen befinden sich Frauen und Männer, darunter auch Geistliche und Priesteramtskandidaten.

Meldungen zum Verhalten des Mannes seien erst nach Ende seiner Tätigkeit 1996 an die Bistumsleitung herangetragen worden, so der Bericht weiter. Ende der 1990er Jahre sowie 2013 hätten sich Betroffene an den damaligen Bischof Franz-Josef Bode und seinen Generalvikar Theo Paul gewandt. Eine konsequente Aufklärung der Vorwürfe gegen S. sei seinerzeit allerdings unterblieben, heißt es in dem Bericht.