Betroffenen-Sprecher Zander fordert Rücktritt von Präses Kurschus

Vor ihrer offiziellen Erklärung am Montagvormittag fordert Detlev Zander, einer der Betroffenen-Sprecher im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der EKD, den Rücktritt von Annette Kurschus.

Detlev Zander, Betroffenen-Sprecher im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der EKD
Detlev Zander, Betroffenen-Sprecher im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der EKDepd-bild / Thomas Lohnes

Einer der Betroffenen-Sprecher im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Detlev Zander, hat den Rückritt der EKD-Ratsvorsitzenden und westfälischen Präses Annette Kurschus von allen Ämtern gefordert. Sie müsse „Konsequenzen aus ihrem eklatanten Umgang mit den Vertuschungsvorwürfen ziehen“, sagte Zander dem Magazin Spiegel in einem online veröffentlichten Interview.

Kurschus will sich am Montag in Bielefeld zu Vorwürfen im Zusammenhang mit einem Missbrauchsverdacht in ihrem Umfeld äußern. Sie steht wegen der Frage unter Druck, seit wann sie von den Vorwürfen gegen den Beschuldigten weiß. Ein Mitglied der westfälischen Kirchenleitung hatte Rücktrittsforderungen gegen Kurschus am Wochenende als unangemessen zurückgewiesen. Er sei von der Glaubwürdigkeit und Integrität der 60-jährigen Theologin fest überzeugt, schrieb der frühere NRW-Verfassungsgerichtspräsident Michael Bertrams in einem Beitrag für den Kölner Stadt-Anzeiger.

Betroffenen-Sprecher wirft Kurschus „Salamitaktik“ vor

Betroffenen-Sprecher Zander warf Kurschus eine „Salamitaktik“ vor: „dass sie sich nur scheibchenweise dazu äußert, ist schädlich für alle, die sich in der evangelischen Kirche ernsthaft um Aufklärung bemühen“, sagte er. Die Betroffenen seien „extrem verärgert“. Sexueller Missbrauch in den Reihen der Kirche sei ein derart sensibles Thema, „dass allein der Verdacht auf Vertuschung schon apokalyptisch ist für das Ansehen der Kirche“.

Vor einigen Tagen waren Missbrauchsvorwürfe gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein öffentlich geworden, in dem Kurschus ab 1993 als Gemeindepfarrerin und Superintendentin tätig war, bevor sie 2012 die erste Frau an die Spitze der westfälischen Kirche wurde. 2021 wurde sie zur EKD-Ratsvorsitzenden gewählt. Der Beschuldigte, den Kurschus nach eigenen Angaben sehr gut kennt, soll über Jahre hinweg junge Männer sexuell bedrängt haben.

Kurschus wies „Andeutungen und Spekulationen“ zurück

Die Siegener Zeitung berichtete unter Berufung auf schriftliche Erklärungen von zwei Zeugen, die ihr vorlägen, Kurschus sei bereits Ende der 90er Jahre in einem Gespräch mit mehreren Personen in ihrem Garten über die Vorwürfe informiert worden. Vor der in Ulm tagenden EKD-Synode wies Kurschus dies am vergangenen Dienstag als „Andeutungen und Spekulationen“ zurück und erklärte, sie wisse erst seit Anfang dieses Jahres durch eine Anzeige von den Missbrauchsvorwürfen.

Die Staatsanwaltschaft Siegen sieht in dem möglichen Missbrauchsfall bislang keine strafrechtliche Relevanz, weil die mutmaßlichen Opfer nach derzeitiger Kenntnis zum fraglichen Zeitpunkt volljährig waren und die Vorfälle lange zurückliegen. Allerdings seien die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen, sagte ein Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd).