Studie: Betroffene erwartet Klarheit über Ausmaß von Missbrauch

Die Missbrauchsbetroffene Katharina Kracht erwartet viel von der Forum-Studie der evangelischen Kirche. Man brauche nicht auf die katholische Kirche zu schielen.

Die Evangelische Kirche will sich der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt annehmen
Die Evangelische Kirche will sich der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt annehmenImago / Christian Ohde

Die Missbrauchsbetroffene Katharina Kracht erwartet von der sogenannten ForuM-Studie Erkenntnisse über das weite Ausmaß sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche. Sie gehe davon aus, dass „endlich sichtbar wird, wie verbreitet sexuelle Gewalt in evangelischen Strukturen ist“, sagte Kracht, die Mitglied im Verbundbeirat der groß angelegten Studie ist, im Deutschlandfunk.

Es gehe nicht nur um spezielle Milieus wie Heime oder Bereiche, die besonders progressiv seien, sagte Kracht. Sexualisierte Gewalt gebe es überall dort, wo es Machtunterschiede gibt, sagte Kracht. Dies sei schon zwischen Kindern und einem Pastor der Fall.

Kracht: „Mein Täter war verheiratet, der hatte eine Familie“

Kracht kritisierte, dass lange eher auf die katholische Kirche gezeigt und die Ursache für Missbrauch in katholischen Spezifika wie dem Zölibat gesehen worden sei. Dies sei „Quatsch“, sagte Kracht und ergänzte: „Mein Täter war verheiratet, der hatte eine Familie.“ Kracht war von einem Pfarrer missbraucht worden, der die Tat im Konfirmandenunterricht anbahnte. Die Pfarrfamilie habe für Täter eine ablenkende Schutzfunktion, sagte sie.

Kracht forderte für die Zukunft einen besseren Umgang mit Betroffenen. Sie stünden häufig isoliert den „Apparaten der Landeskirchen“ gegenüber und erlebten frustrierende Situationen. „Man läuft gegen Gummiwände“, sagte Kracht mit Bezug auf ihre eigene Situation.

Nur Geld reicht nicht

Sie hat nach eigenen Angaben von der Landeskirche eine Zahlung erhalten. Mehr sei aber nicht passiert. Dabei sei Geld nicht ihre Motivation gewesen. „Ich wollte, dass sich etwas ändert“, sagte Kracht, die dem früheren Betroffenenbeirat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehörte, der nach Auseinandersetzungen zwischen Betroffenen und kirchlich Verantwortlichen aufgelöst wurde. Heute arbeiten Betroffene im Beteiligungsforum (BeFo) der evangelischen Kirche an der Aufarbeitung von Missbrauch mit.

Ein unabhängiges Forscherteam stellt am Donnerstagmittag die erste übergreifende Studie zu sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen in der evangelischen Kirche vor. Sie soll erstmals Berechnungen zu bundesweiten Fallzahlen enthalten sowie Analysen über strukturelle Ursachen von sexualisierter Gewalt in der Kirche und der Diakonie seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Die EKD hatte das Forschungsprojekt 2020 in Auftrag gegeben.