Bestatter zu fehlenden Sargträgern: Verantwortung beim Staat

Im Freistaat wollen auf Friedhöfen immer weniger Menschen einen Sarg tragen. Warum dies mit der Einstellung zum Tod und mit Versicherungsfragen zu tun hat.

Auf Bayerns Friedhöfen fehlen zunehmend Sargträger. Früher sei es auf dem Land als Gefälligkeit durchgegangen, wenn Nachbarn, der Kegelverein, die Feuerwehr oder der Rentnerstammtisch die Aufgabe übernommen hätten. „Denen hat man 20 Euro in die Hand gedrückt oder eine Kiste Bier hingestellt“, sagte Jörg Freudensprung, stellvertretender Vorsitzender des Bestattungsverbands Bayern, der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwoch). Solche unter der Hand erwiesenen Gefälligkeiten gingen aber aus Haftungsgründen heute nicht mehr.

„Wenn ein freiwilliger Sargträger ausrutscht und ins Grab fällt, beschwert sich die Berufsgenossenschaft und der städtische Friedhof muss dafür haften, oder besser noch: der Beamte, der die Schwarzarbeit genehmigt hat“, führte Freudensprung aus. Zugleich erinnerte er daran, dass Bestattungen eine hoheitliche Aufgabe seien und die Verantwortung beim Staat liege, nicht bei den Bestattern.

Meistens brauche man vier Träger für einen Sarg, so der Experte. In der Lastenhandhabungsverordnung sei aber geregelt, dass eine männliche Person maximal 45 Kilogramm bei Bestattungen heben dürfe. Wenn der Tote schwer gewesen sei und der Sarg vielleicht noch 60 Kilo wiege, seien sechs Träger nötig. „Heißt, ich bräuchte etwa neun Festangestellte, damit 365 Tage im Jahr im Zweifel sechs Träger bereitstehen.“ Dies wäre aber wirtschaftlicher Selbstmord.

Dass sich immer weniger Menschen für diese Aufgabe fänden, liege auch an der Einstellung zum Tod. Dieser würde immer mehr in Kliniken ausgelagert und damit viel bürokratischer gehandhabt, sagte Freudensprung. Weil der Tod zunehmend aus der Mitte der Gesellschaft verschwunden sei, „steht heute keiner mehr gerne bei strömendem Regen auf dem Friedhof und lässt einen Sarg hinab“.

Verschärft werde das Problem dadurch, dass es inzwischen zu 75 Prozent Urnenbestattungen gebe, so der Bestatter. „Man sollte meinen, dass es für fünf Beerdigungen leichter sei, Personal zu finden, als für 20. Aber das stimmt nicht. Früher konnte ein Stadtkämmerer den ländlichen Trägertrupp vielleicht noch finanziell rechtfertigen, aber für die paar Erdbestattungen lohnt sich das nicht.“ Derzeit lösten Gemeinden und Friedhöfe ihre Probleme damit, dass sie ihr Personal zusammenlegten. Dann zögen sich etwa die Friedhofsgärtner die schwarzen Anzüge an, trügen den Sarg zum Grab und arbeiteten danach weiter.