Beim Seefahrergottesdienst in Leer wird die Kirche zum Schiff
Seit 21 Jahren gibt es in Leer einmal im Jahr den Seefahrergottesdienst. Am 27. Oktober ist es wieder so weit.
„Der Herr ist mein Lotse. Ich werde nicht stranden. Er leitet mich auf dunklen Wassern.“ So beginnt eine Seefahrerversion des Psalm 23. Auch der Seefahrergottesdienst der Christuskirchengemeinde in Leer am 27. Oktober steht ganz im Zeichen der Seefahrt.
Wolfgang Haberecht, ehemaliger Küster der Gemeinde, und seine Frau Margreth organisieren ihn zum 21. Mal. Beim ersten Mal hatte die Gemeinde nach neuen Formen von Gottesdiensten gesucht, erzählt Haberecht, „ein ehemaliger Kapitän schlug bei einer Gemeindeversammlung vor, einen Seefahrergottesdienst zu veranstalten, da Leer eine Seefahrerstadt ist. “
Shanty-Chor als Dauergast
Schon beim ersten Mal trat der Shantychor „Overledinger Jungs“ aus Collinghorst auf. Der Erfolg war so groß, dass mit dem neuen Format eine Tradition begründet wurde und der Chor noch immer dabei ist. „Choräle und auch Gebete wie das Vater Unser sind teilweise in Seefahrerfassung formuliert“, sagt Haberecht.
Wechselnde Pastoren mit Bezug zur Seefahrt gestalten den Gottesdienst, in diesem Jahr ist es die ostfriesische Regionalbischöfin Sabine Schiermeyer. Die Kirche wird mit Positionslichtern, Flaggen vom Seemannsheim und Rettungsring buchstäblich zum Kirchenschiff. „Ich habe einen Freund, der einen Laden mit Bootszubehör hat und uns für den Gottesdienst ausstattet“, so Haberecht, „der Shanty-Chor bringt den Rettungsring mit.“
Leer veranstaltet Seefahrergottesdienst
In Gebeten, Fürbitte und Predigt wird der besonderen Situation der Seeleute gedacht und an diejenigen erinnert, die ihr Leben auf See verloren haben. Fester Bestandteil des Gottesdienstes ist ein Bericht von Seemannspastor Meenke Sandersfeld, der in die Christuskirche kommt, um über die Arbeit der Ostfriesischen Seemannsmission in Emden und aktuelle Entwicklungen in der Seefahrt berichtet.
„Der Gottesdienst erinnert an auf See gebliebene Seeleute und wir treten damit vor Gott“, fasst Sandersfeld das Ziel des Gottesdienstes zusammen. „Ich bin von Anfang an regelmäßig als Gast dabei und berichte von meiner Arbeit.“ Das Feuer auf einem Öltanker in der Ostsee habe viele Seeleute betroffen gemacht, auch der Brand auf dem Autofrachter „Fremantle Highway“ vor einem Jahr sei für Seeleute belastend gewesen. „Das sind Menschen, die täglich an Bord arbeiten und in ähnliche Situationen kommen können.“
Bei „Abschied vom Meer“ wird es vollkommen still
Dazu kämen generelle Themen wie Einsamkeit, Ängste und lange Arbeitszeiten. „Die Menschen sind Monate auf See und müssen oft sieben Tage die Woche arbeiten.“ Zuhause sind Seeleute nur in längeren Abständen. Jedes Mal müssen sie sich darauf einstellen, dass dort das Leben in ihrer Abwesenheit weitergegangen ist.
Leer sei eine Hafenstadt und habe damit eine große Affinität zur Seefahrt, sagt Sandersfeld. Auch deshalb lockt das Angebot viele Besuchende aus der Umgebung an. Sandersfeld hat die Erfahrung gemacht, dass immer Menschen mit Bezug zur Seefahrt dabei sind. „Insgesamt findet sich dort eine bunte Gemeinde zusammen.“
Für Margreth und Wolfgang Haberecht ist der Seefahrergottesdienst zu einer Herzenssache geworden. „Der Gottesdienst ist uns und anderen sehr wichtig“, erzählen sie. „Wenn der Shanty-Chor ‚Abschied vom Meer‘ singt, ist es in der Kirche vollkommen still.“
Die Kollekte kommt zu 50 Prozent dem Seemannsheim Emden und zu 50 Prozent der Suppenküche der Christusgemeinde zugute. „Am Schluss bekommt Pastor Sandersfeld Mützen und Schals für die Seemannsmission überreicht, die er an Seeleute ausgeben kann“, sagt Margreth Haberecht.
Der 21. Seefahrergottesdienst der Christuskirchengemeinde in Leer findet am Sonntag, 27. Oktober, um 17 Uhr in der Kirche am Hoheellernweg statt.