Beim großen Festmahl vereint

Eindrücke vom Besuch des Pastoralkollegs bei der Themenwoche „Familie, Lebensformen und Gender“. Sechs Tage verlebten die Männer und Frauen aus dem Rheinland und Westfalen in der Lutherstadt Wittenberg

Es war ein weiter Weg aus Westfalen nach Wittenberg – aber dass er sich gelohnt hat, darüber herrschte Einigkeit unter den Teilnehmenden, die im Rahmen des Pastoralkollegs zu der Themenwoche „Familie, Lebensformen und Gender“ in die Lutherstadt gereist waren. Während der sechs Tage besuchten sie verschiedene Veranstaltungen,  darunter Bibelarbeiten und Diskussionsrunden zur Geschlechterpolitik, Filmabende in der Evangelischen Akademie, den Vater-Kind-Aktionstag und den großen Frauenfesttag mit mehreren hundert Besucherinnen.
Unter dem Motto „Hier stehen wir“ versammelten sich am 12. August rund 120 Pastorinnen zu einem Frauenfesttag in Wittenberg. darunter waren 17 Bischöfinnen und Frauen aus leitenden Positionen und Ländern wie Kamerun, Indonesien, Lettland, Norwegen und natürlich auch  Deutschland. Mit ihrer Präsenz setzten sie ein Zeichen für mehr Gleichberechtigung, denn immer noch sind Frauen in den Kirchen vielfach benachteiligt und in Führungspositionen unterrepräsentiert.
Am Nachmittag des Frauenfesttages trafen sich dann rund 500 Frauen zum großen Frauenmahl auf dem Marktplatz, um gemeinsam zu feiern, zu essen und Reden von bekannten Frauen zu hören und zu diskutieren. Margot Käßmann, Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland, erinnerte in ihrer Rede unter anderem an die Reaktionen, als vor 25 Jahren Maria Jepsen zur ersten lutherischen Bischöfin weltweit wurde: „Dabei war das doch nur die Fortführung von Luthers theologischer Erkenntnis, dass alle Getauften Priester, Bischof, Papst sind.“ Es sei somit ein Zeichen von Reformation, dass heute Frauen auf allen kirchlichen Leitungsebenen vertreten sind.
Die Teilnehmerinnen des Frauenmahls beklatschten und ehrten die ehemalige Bischöfin Maria Jepsen mit „Standing Ovations“ für ihren Mut und ihre Vorreiterinnenfunktion in der evangelischen Kirche.
Organisiert wurde der Tag von den Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland, unterstützt vom Lutherischen Weltbund (LWB). Die Teilnehmerinnen des Gemeinsamen Pastoralkollegs wirkten als Tischpatinnen beim Frauenmahl mit, während die Männer das Projekt „G-Code“ – ein reformatorischer Hörweg in der Stadt – präsentierten.
Ein Highlight in der Themenwoche war für einige Teilnehmende die Veranstaltung „Transsexualität und Spiritualität“ am Freitagnachmittag. „Kirche muss inklusiv sein, sonst hört sie auf, Kirche zu sein.“ – so lautete das Resümee der Veranstaltung.
Den Rahmen bildete eine Lesung (Landesmännerpfarrer Martin Treichel) aus dem Buch „Und meine Seele lächelte“ der westfälischen Pfarrerin Christina Bergmann. Sie schildert darin ihren Lebensweg vom Mann zur Frau mit den damit verbundenen körperlichen und geistlichen Transformationsprozessen.
Der theologische Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, Albert Henz, berichtete im Interview im Rahmen der Veranstaltung von der seelsorglichen Begleitung des Pfarrers zur Pfarrerin und den damit verbundenen Fragen der Gemeinde und den Beratungen im Kirchenkreis. „Wir waren in der Evangelischen Kirche von Westfalen durch die Situation herausgefordert, nach neuen und angemessenen liturgischen Formen zu suchen“, so Henz. „Diese Formen wollen wir nun im Dialog mit transidenten Menschen verstetigen und für das kirchliche Handeln zur Verfügung stellen.“
Die Gruppe des Pastoralkollegs – bestehend aus Männern und Frauen aus dem Rheinland und Westfalen –  fuhren bereichert aus Wittenberg in die Heimat zurück. Auch wenn die eine oder andere Veranstaltung sicher noch mehr Teilnehmende verdient gehabt hätte.