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Bei Wahlsieg – CDU in Rheinland-Pfalz lehnt Kooperation mit AfD ab

Gordon Schnieder hat viele Pläne, sollte er der nächste Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz werden. Dazu gehört nicht zuletzt eine Entschuldigung bei den Opfern der Flut 2021.

In Rheinland-Pfalz will CDU-Landeschef Gordon Schnieder in knapp 100 Tagen den Wahlsieg schaffen. Der 50-Jährige fordert Amtsinhaber Alexander Schweitzer (SPD) heraus, der zusammen mit Grünen und FDP regiert. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) blickt der Bruder von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) auch auf die Bundesregierung, den neuen Wehrdienst die Bedeutung des Weihnachtsfests.

Frage: Herr Schnieder, seit wann fehlen den Volksparteien SPD und Union gesellschaftliche Visionen, um Menschen Orientierung zu geben?

Antwort: Dass uns Visionen fehlen, glaube ich nicht. Wir erleben im Moment eine Zeit, in der es häufig um den Tumult des Augenblicks geht – manchmal auch in einer besonderen Lautstärke. Aktuell missfällt mir die Debattenlage auf Bundesebene. Erst gab es das Gezanke um eine Verfassungsrichterin, dann um die Wehrpflicht, jetzt über die Rentenfrage. Das erzeugt ein Bild einer zerstrittenen Koalition und einer zerstrittenen CDU. Wir müssen wieder Vertrauen zurückgewinnen. Als Volkspartei muss man die Ränder zusammenhalten, Kompromisse finden und ins Machen kommen.

Frage: Laut Umfragen rechnen viele mit einem Regierungs-Aus im Bund. Gibt es Schwarz-Rot überhaupt noch, wenn am 22. März in Rheinland-Pfalz gewählt wird?

Antwort: Davon gehe ich fest aus. Ich werbe in Berlin dafür, dass man diese öffentliche Spalterei sein lässt und sich auf die Umsetzung des Koalitionsvertrags konzentriert. Er ist aus meiner Sicht wirklich gelungen. Wir haben bereits viele gute Punkte umgesetzt – bei der Wirtschaftspolitik, beim Bürokratierückbau und bei der Migration. Die Richtung der Bürgergeld-Reform stimmt auch. Das sind die Themen, auf die die Menschen gewartet haben. Diese Erfolge kann ich aber nur nach außen kommunizieren, wenn endlich Ruhe in der Regierung einkehrt.

Frage: Umfragen weisen auf eine wohl schwierige Regierungsbildung in Rheinland-Pfalz hin: CDU mit SPD oder AfD – wer ist Wunschpartner?

Antwort: Mit den Extremisten von rechts wird es keine Zusammenarbeit geben – genauso wenig wie mit den Radikalen ganz links. Das ist mein Standpunkt und auch der Standpunkt der CDU, der gilt für mich bis auf die kommunale Ebene. Eine AfD-Koalitionsfrage stellt sich nicht. Bis zum 22. März um 18 Uhr kämpfen wir dafür, die stärkste Kraft in diesem Land zu werden.

Frage: Vor der Wahl jährt sich der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zum vierten Mal – Deutschland streitet weiter über den Militärdienst. Sie sind Vater: Würden Sie Ihre Kinder unterstützen, zur Armee zu gehen?

Antwort: Mein Wehrdienst hat mich Zusammenhalt gelehrt und auch die Übernahme von Verantwortung. Natürlich würde ich meine Kinder unterstützen, wenn sie sich für einen Dienst in der Bundeswehr entscheiden sollten. Grundsätzlich sollte es ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für alle geben. Ich halte es für eine gute Sache, wenn junge Frauen und Männer ein Jahr Dienst an diesem Land tun. Ob im sozialen oder karitativen Bereich, bei den Feuerwehren oder eben auch der Bundeswehr. Jeder könnte dann entscheiden, wo es hingeht – auch meine Kinder.

Frage: Bundesweite Aufmerksamkeit erregte Rheinland-Pfalz mit dem laut Regierung modernsten Bestattungsrecht. Die Kirchen fühlten sich vom Land übergangen. Wie werden Sie künftig mit ihnen umgehen?

Antwort: Ich bin der Meinung: Nicht in jedem Lebensbereich muss der mittlerweile grenzenlose Individualismus ausgelebt werden, in manchen Bereichen braucht es Ordnung und Vorgaben, um etwas Bleibendes zu schaffen. Klar ist für mich aber auch: Bei einem so zentralen Thema wie diesem brauchen wir eine breite gesellschaftliche Diskussion. Wir werden viel stärker in den Dialog mit den Kirchen gehen, um zu fragen: Was sind rote Linien? Aus welchen Gründen?

Frage: Bei welchen Themen wünschen Sie sich lautere Kirchen?

Antwort: Eine deutliche Stimme wünsche ich mir bei der Seelsorge. Ich möchte auch, dass Kirchen in Trägerschaften von Schulen und Kitas bleiben. Wir müssen da Wege finden, wie wir das auf Dauer sichern – auch in finanziell schwierigen Zeiten. Natürlich darf sich Kirche auch zu allen gesellschaftspolitischen Themen äußern, wenn sie Auswirkungen auf ihre eigene Institution sieht. Ein Beispiel: Ich bin klar gegen eine Streichung von kirchlichen Feiertagen. Denn damit bröckelt immer mehr vom Glaubensfundament. Gerade bei solchen Diskussionen brauchen wir eine laute Stimme der Kirche.

Frage: Enttäuschung gab es nach der Flut in der Eifel 2021 mit mehr als 100 Toten, als die damalige Ministerpräsidentin Malu Dreyer sich nicht für staatliches Versagen entschuldigte. War das ein Fehler?

Antwort: Im Falle meiner Wahl werde ich diese Entschuldigung nachholen. Weil ich weiß, dass die Menschen auf diese Entschuldigung immer noch warten. Ich habe nie verstanden, warum man sich nicht entschuldigt hat. Ja, wir haben in dieser Nacht versagt. Der Staat hat es nicht geschafft, alle in Sicherheit zu bringen.

Frage: Sie sind bekennender Katholik – wie gibt der Glaube Ihnen Kraft für die Spitzenpolitik?

Antwort: 30 Jahre habe ich im Kirchenchor gesungen, seit 20 Jahren bin ich im Verwaltungsrat unserer Gemeinde. Ich war Messdiener und bin in einem katholischen Elternhaus groß geworden. Ich bin froh darüber, dass meine Kinder Ministranten sind und wir den gemeinsamen Glauben beim sonntäglichen Kirchgang und auch zu Hause beim Abendgebet leben. Mir persönlich gibt er Kraft, Werte und einen Rahmen. Der Glaube ist auch etwas, wohin ich mich in einer stillen Minute einfach mal zurückziehen kann.

Frage: In Kürze ist Weihnachten – welche Traditionen pflegen Sie?

Antwort: Die gemeinsame Bescherung mit den Kindern an Heiligabend und die Messe in der Kirche. Das Schöne ist, dass alle Geschwister und Familien am ersten Weihnachtstag bei uns zusammenkommen. Wir leben mit meiner Mutter zusammen – drei Generationen und eine große Familie, das ist etwas Besonderes und darauf freue ich mich jetzt schon.