Bei Anruf Seelsorge

Seelische Hilfe per Telefon ist in diesen Tagen gefragt wie nie zuvor. Im Kirchenkreis Dithmarschen haben sich  die Pastoren organisiert, um für ihre Gemeinden da zu sein – mit offenen Ohren am Hörer.

Werner Krüper / epd

Heide. Als Anfang März wegen der Corona-Pandemie strenge Kontaktbeschränkungen verhängt wurden, erlebte Pastorin Tanja Sievers von der Kirchengemeinde Heide im Bekanntenkreis, dass das einige Menschen in Existenznöte brachte. „Es gab Viele, die plötzlich vor einem Scherbenhaufen standen“, sagt sie, „der Kreis Dithmarschen lebt vom Tourismus, aber alles bricht zusammen.“ Da dachte sie: Die Betroffenen brauchen doch jemanden zum Reden. Spontan entstand so die Idee, eine Seelsorge-Hotline einzurichten, an die sich alle Menschen wenden können, die Redebedarf haben. Seit 13. April ist die Nummer sieben Tage die Woche von 12 bis 18 Uhr zu erreichen.

Wer die Telefonnummer 04832/97 28 00 wählt, erreicht am anderen Ende der Leitung garantiert einen Pastor, allerdings weiß man vorher nie, welchen. „Ich habe erstmal herum gefragt, wer von den 50 Kollegen in Dithmarschen sich bei der Seelsorge-Hotline beteiligen möchte“, erläutert Pastorin Sievers. Die Bereitschaft sei groß gewesen. „Gut ein Drittel der Pastoren macht mit.“ Für sie wurde ein Dienstplan erstellt, und seit Ostermontag bieten sie reihum bei Anruf Seelsorge. „Keiner der Anrufer weiß vorher, mit welchem Seelsorger er verbunden wird“, sagt Tanja Sievers. Aber darauf komme es auch nicht an. Manchen Menschen sei die Anonymität ohnehin lieber. Angeboten werde eine Nummer für Dithmarschen, und jeder wisse, dass darüber ein Gespräch mit einem Pastor möglich ist. „Ich muss gar nicht wissen, wer da mit mir spricht“, sagt Tanja Sievers. Die Anrufer aber wüssten, dass ihnen jemand zuhöre.

Privat

Alle Pastoren würden das Seelsorger-Geheimnis Ernst nehmen und Stillschweigen wahren über die Inhalte der Gespräche, betont Tanja Sievers. Pate für die Idee der Heider Pastorin stand die Notfall-Seelsorge; auch da halten Pastoren sich bei Bedarf für eine Betreuung bereit. „Es hat sich gezeigt, dass die Seelsorge-Hotline vor allem an Feiertagen und an den Wochenenden genutzt wird“, hat die Theologin beobachtet, die auch selbst für den Bereitschaftsdienst am Telefon eingeplant ist. Wochentags sei weniger los. Es sei aber in jedem Fall gut zu zeigen, dass die Pastoren erreichbar sind. „Wir sind froh, dass wir den Menschen über bloße Informationen hinaus etwas anbieten können.“

Zu den Einzelheiten der Gespräche, die auch anonym geführt werden können, wird nichts verraten, aber einige allgemeine Themen tauchten fast immer auf. Einsamkeit gehöre dazu, aber ebenso Existenzängste, Sorge um die Mitmenschen und die Sorge um sich selbst. Deswegen wurde das Angebot der Hotline jetzt verlängert, die Dithmarscher Seelsorge-Hotline ist noch bis Ende des Monats zu erreichen. „Keiner weiß ja, wie sich die Situation bis dahin entwickelt“, gibt die Pastorin zu bedenken. Inzwischen gebe es jedoch auch eine Nordkirchen-Seelsorgehotline, sagt Tanje Sievers – die wurde kurz nach der Dithmarscher Initiative eingerichtet. Sie freut sich, dass von Idee bis Umsetzung der Dithmarscher Hotline nur wenig Zeit vergangen ist. Alle hätten geholfen, dass die Leitung so schnell wie möglich eingerichtet werde.

Schnelle Hilfe

„Wir bieten damit etwas an, was unbürokratisch und einfach ist und schnelle Hilfe bietet.“ Während man Pastoren nachsage, dass sie telefonisch meist schwer zu erreichen seien, biete die Telefonnummer einen einfachen und garantierten Kontakt. „Corona hat den Pastorendienst stark verändert“, hat die Theologin beobachtet, „da besinnt man sich auch wieder mehr auf das Telefon.“

Info
Bis zunächst zum 30. April ist die Seelsorge-Hotline des Kirchenkreises Dithmarschen täglich von 12 bis 18 Uhr besetzt. Pastoren sind unter 04832/97 28 00 zu erreichen. Außerhalb der Sprechzeiten wird auf bundesweite Nummern der Telefonseelsorge verwiesen. Die Seelsorge-Hotline der Nordkirche ist unter der Nummer 0800/454 01 06 täglich von 14 bis 18 Uhr erreichbar.