Bedrohter CDU-Landrat: Dialog mit AfD-Anhängern bleibt wichtig

Er hat schon Morddrohungen wegen seines Einsatzes für Flüchtlinge von rechter Seite erhalten. Dennoch plädiert der ostdeutsche CDU-Landrat Götz Ulrich dafür, für Gespräche offen zu bleiben.

Götz Ulrich (54), CDU-Landrat in Sachsen-Anhalt, findet trotz Drohungen und Demonstrationen in der Nähe seines Wohnhaus in Bad Bibra den Dialog mit AfD-Anhängern notwendig. „Ich finde es wichtig, dass wir Repräsentanten uns auch mit den Teilen der Bevölkerung austauschen, die uns nicht gewählt haben“, sagte Ulrich dem Berliner „Tagesspiegel“ (Mittwoch). „Die Menschen müssen merken, dass wir ihnen zuhören und dass sie ihren Unmut bei uns abladen können.“ Die Privatsphäre derjenigen, die sich um die Gesellschaft kümmerten, sollte jedoch tabu sein.

Der CDU-Politiker wohnt im rund 2.600 Einwohner großen Bad Bibra. In der Region erhielt die AfD bei der vergangenen Bundestagswahl den höchsten Zweitstimmenanteil. Mitte März riefen laut Angaben zwei AfD-Landtagsabgeordnete zu einer Demonstration auf, die an Ulrichs Wohnhaus vorbeiführen sollte. Nachdem Ulrich dies mit einer Rede im Kreistag vor zwei Wochen öffentlich gemacht hatte, wurde die Route auf einen größeren Abstand zu seinem Haus verlegt; die Kundgebung fand am Montagabend statt.

Einschüchterungsversuche „kennen wir aus der DDR, als beispielsweise Menschen, die Westfernsehen geguckt haben, gemeinschaftlich die Antennen von den Dächern geholt wurden, und natürlich aus noch viel schlimmeren Zeiten“, kritisierte der Landrat, der sich für die Aufnahme von Flüchtlingen einsetzt. Er bekomme „regelmäßig, wenn auch nicht täglich, nette Briefe oder Mails, denen teilweise Fotos von Adolf Hitler beigefügt sind oder Zeichnungen von einem Galgen.“ Auch seine Kinder und seine 85-jährige Mutter hätten unter den Anfeindungen zu leiden.

Dennoch plädierte der Politiker dafür, dass die demokratischen Kräfte die Themen aufgreifen müssten, wegen derer die Menschen AfD wählten. Dazu gehöre etwa, bei Migration und Asyl neben den Integrationszahlen auch die Rückführungszahlen zu kommunizieren. „Das mit den Rückführungen hätte ich vielleicht vor Jahren gar nicht so herausgestellt, jetzt muss ich das aber gegenüber der Bevölkerung tun, damit nicht der Eindruck entsteht, dass man nur herkommen muss und einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen“, sagte der Politiker.

„Wenn die Menschen glauben, dass es nur eine Partei gibt, die dieses Thema überhaupt aufgreift, dann landen ja alle, die mit den hohen Migrationszahlen unzufrieden sind, dort. Deshalb muss man das Thema ansprechen, unabhängig davon, wie die persönliche Ansicht zu dieser Frage ist“, so Ulrich.