Bachmann-Preisträger: Gedanken an Kinder in Kriegen unerträglich

Eine Kindheit in der besetzten bosnischen Stadt Sarajevo. Daran denkt Tijan Sila mit Schrecken zurück. Denn die Folgen des Krieges haben auch Jahrzehnte später noch Auswirkungen.

Der frisch gekürte Bachmann-Preisträger und Kriegsüberlebende Tijan Sila hat die Situation von Kindern an Kriegsschauplätzen weltweit angeprangert. “Wenn ich an Kinder in der Ukraine denke, an Kinder in Gaza, oder an all die Kinder, die Opfer der Hamas geworden sind, zieht sich mir alles zusammen”, sagte der Autor der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch. Für den Schriftsteller, der vor zwei Jahren selbst Vater wurde, sei die Vorstellung, dass Minderjährige “dasselbe oder noch schlimmeres” als er erlitten, “kaum zu ertragen”.

In seinem Buch “Radio Sarajevo” schildert Sila eindrücklich seine Kindheit in der besetzten bosnischen Hauptstadt Sarajevo. Diese hatte 1992 die Armee der serbischen Bosnier unter ihre Kontrolle gebracht. In den drei Folgejahren kam es landesweit zu Massakern mit mehr als 100.000 Toten.

Die Kriegsfolgen seien vielen Bosniern selbst 30 Jahre später anzumerken, berichtet Sila: “Selbst, wenn man die schlimmsten Auswirkungen der Traumata, die Symptome der Belastungsstörung hinter sich hat und einigermaßen genesen ist, bestimmt das Kriegserleben das eigene Denken: Weil man kein Wohlvertrauen hat in die Zivilisation, in die Mitmenschen; weil man ihnen zutraut, dass sie sich innerhalb weniger Wochen auch ganz anders zeigen könnten.”

Den bosnischen Staat bezeichnet der deutsche Staatsbürger als größtenteils “dysfunktional”. Das hänge auch mit der Tatsache zusammen, dass ethnische Kroaten, Serben und Bosniaken immer noch “Schutz bei Nationalisten” suchten. “Das Land ist nach wie vor von Nationalismus und Feindseligkeit bestimmt”, so Sila.