Auch der Himmel erwies ihm die letzte Ehre
Hamburg war beim Staatsakt für Helmut Schmidt buchstäblich das Tor der Welt. Spitzenpolitiker aus dem In- und Ausland kamen zum Staatsakt. Es schien, als habe auch der Himmel ihm die letzte Ehre erweisen wollen. von Klaus Merhof
Hamburg. Helmut Schmidt hat seinen letzten Weg selber geplant und testamentarisch festgelegt: Staatsakt und Trauerfeier ja, aber nicht in Berlin, sondern in seiner Heimatstadt. Bundespräsident Joachim Gauck folgte dem Wunsch des Altkanzlers und ordnete den Staatsakt in Hamburg an. Die Trauerfeiern im Michel, dem Wahrzeichen der Stadt, und im Anschluss im Rathaus wurden am Montag zum größten und bedeutendsten politischen Ereignis, das Hamburg je erlebt hat.
Die sechsspurige Ludwig-Erhard-Straße vor dem Michel war auf eine Länge von einem Kilometer komplett abgeriegelt. Sperrgitter mit Polizeiposten hielten auch Fußgänger fern. An den wenigen Punkten mit Sicht auf die Kirche versammelten sich dennoch Hunderte von Menschen, um einen Blick auf die schweren Limousinen zu erhaschen, die am Vormittag die politische Prominenz mit Blaulicht zum Staatsakt transportierten.
Und das Wetter spielte mit – als habe selbst der Himmel Helmut Schmidt die letzte Ehre erweisen wollen. Am Vortag hatte es den ersten Schneefall in der Stadt gegeben. Die umfangreichen Vorbereitungen für den Staatsakt fanden in dichtem Schneegraupel statt. Doch am Montag zeigte sich keine Wolke – und hell stand die Sonne über Hafen und Elbe. "Kanzlerwetter", kommentierten viele Passanten.
"Er war eine Art Weltgewissen"
"Helmut Schmidt wird uns fehlen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Trauerrede. Es sei "fast unwirklich", dass er nun nicht mehr da sei, denn bis zuletzt sei er "unglaublich präsent gewesen", fügte sie hinzu. Sein Tod reiße eine Lücke in die politische und publizistische Landschaft. Merkel erinnerte auch an die Tatkraft des damaligen Hamburger Innensenators Helmut Schmidts während der Flutkatastrophe 1962. Schmidt habe vorgelebt, dass außergewöhnliche Situationen außergewöhnliche Maßnahmen erfordern. Sie verneige sich "in tiefem Respekt vor einem herausragenden Menschen".
Der frühere US-Außenminister und langjährige Freund Henry Kissinger nannte Schmidt in einer sehr persönlichen, bewegenden Rede "einen großen, guten Menschen". "Helmut Schmidt war eine Art Weltgewissen", sagte er.
Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) würdigte Schmidt als Staatsmann und "öffentlichen Intellektuellen". Hamburg habe viele bedeutende und berühmte Bürger gehabt, aber "dieser war der größte unter ihnen", sagte Scholz. Die Nachricht vom Tod des Altkanzlers habe ihn am 10. November auf einer China-Reise erreicht. Auch das chinesische Staatsfernsehen habe berichtet und "einen Nachruf auf einen Freund des chinesischen Volkes" gesendet, erzählte Scholz.
Militärisches Ehrengeleit
Im Anschluss an den Staatsakt wurde der mit der Bundesflagge geschmückte Sarg von acht zivilen Sargträgern zum großen militärischen Ehrengeleit auf dem Michel-Vorplatz getragen und erst dort von Soldaten übernommen. Auch dies hatte sich der Altkanzler so gewünscht. Erst außerhalb der Kirche sollte das Militär tätig werden. Begleitet von Fernsehkameras aus aller Welt spielte das Stabsmusikkorps der Bundeswehr aus Berlin den Choral "Jesus meine Zuversicht" sowie die Deutsche Nationalhymne. Unter den Klängen des Trauermarsches aus dem Oratorium "Saul" von Georg Friedrich Händel wurde darauf mit dem Sarg die Ehrenformation der Bundeswehr abgeschritten.
Gegen 12.45 Uhr setzten sich der Sarg- und der Kranzwagen mit einer Motorrad-Eskorte der Hamburger Polizei langsam in Richtung Ohlsdorfer Friedhof in Bewegung. Zehntausende säumten die etwa zwölf Kilometer lange Strecke und nahmen Abschied von Hamburgs berühmtesten Ehrenbürger. Die Beisetzung selber soll offenbar in den nächsten Tagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit in engstem Familienkreis stattfinden. In dem Familiengrab sind auch Helmut Schmidts Eltern und seine Ehefrau Loki (1919-2010) bestattet, mit der er 68 Jahre lang verheirat war.
Kommt der "Helmut-Schmidt-Airport"?
Selten sind einem Politiker in Deutschland so viel Respekt und Vertrauen entgegengebracht worden wie Helmut Schmidt. Zuletzt genoss er geradezu Verehrung. Dieser Umstand könnte auch bald dazu führen, dass Hamburg seinen Flughafen in "Helmut-Schmidt-Airport" umbenennt. Bereits einen Tag nach seinem Tod machte diese Idee die Runde und wurde quer durch alle Rathaus-Parteien begrüßt. Der Aufsichtsrat des "Hamburg Airport" formulierte in seiner Todesanzeige vor acht Tagen: "Wir werden Helmut Schmidt an ’seinem‘ Flughafen immer ein ehrendes Gedenken bewahren."