Ataman: Deutschland erweist queeren NS-Opfern endlich Respekt

„Um aus der Geschichte zu lernen, müssen wir das Unrecht kennen und benennen“, sagt die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes. Am Freitag gedenkt der Bundestag der queeren NS-Opfer.

Ferda Ataman, Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes
Ferda Ataman, Antidiskriminierungsbeauftragte des BundesImago / Christian Thiel

Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, bewertet es als „enorm wichtiges Zeichen“, dass der Bundestag seine Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus in diesem Jahr den verfolgten Homosexuellen widmet. „Deutschland erweist den queeren Opfern des Nationalsozialismus endlich den lange verweigerten Respekt“, erklärte die unabhängige Beauftragte in Berlin. Am Freitag hält der Bundestag seine Gedenkstunde für die Opfer des Naziregimes ab und stellt dabei die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgten Menschen in den Mittelpunkt. Unter anderem wird die 1942 geborene Jüdin und Holocaust-Überlebende Rozette Kats sprechen.

Viele Menschen in Deutschland wüssten heute gar nicht mehr, dass auch homo- und transsexuelle Menschen von den Nazis in Konzentrationslagern umgebracht wurden, erklärte Ataman. „Um aus der Geschichte zu lernen, müssen wir das Unrecht kennen und benennen, wir müssen es weiter erforschen und beschreiben, welche Missstände es bis heute gibt“, sagte sie und erneuerte ihre Forderung, das Merkmal der sexuellen Identität im Grundgesetz als schutzwürdig zu benennen.

Paragraf 175 erst in den 90ern gestrichen

„Vielleicht war das in den 50er Jahren noch nicht mehrheitsfähig, heute sollte es das aber sein“, sagte Ataman, die auch daran erinnerte, dass Hass und Verfolgung Homosexueller auch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht vorbei waren. Der Paragraf 175, der seit dem Kaiserreich homosexuelle Handlungen unter Strafe stellte und in verschärfter Form unter den Nazis zur Grundlage brutaler Verfolgung Homosexueller wurde, wurde erst 1994 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Die noch in der Bundesrepublik ergangenen Urteile werden heute als Unrecht bewertet. 2017 beschloss der Bundestag, dass Verurteilte rehabilitiert werden können.