Am rechten Rand der Kirche
Am Reformationstag beschäftigen sich viele Gemeinden mit der Demokratie. Thema sind auch Christinnen und Christen, die rechtsextremen Positionen nahestehen.
Martin Fritz beschäftigt sich mit Atheisten und Konfessionslosen, aber auch mit evangelikalen und fundamentalistischen Christen. Mit dem Erstarken der AfD beobachtet der Weltanschauungsbeauftragte der evangelischen Kirche zunehmend auch rechtspopulistische Tendenzen. „Da gibt es viele besorgniserregende inhaltliche Überschneidungen“, betont Fritz. Es stelle sich die Frage, wie weit rechtsextreme Auffassungen in die Kirche vorgedrungen seien; dass Rechtsextreme die Kirche jedoch bewusst unterwandern, hält der Theologe für eher unwahrscheinlich.
Es seien Gestalten wie der ehemalige ZDF-Moderator und bekennende evangelikale Christ Peter Hahne, die die Unzufriedenheit von konservativen Kirchenmitgliedern aufgreife und aufheize, erläutert der Weltanschauungsbeauftragte. „Es geht dabei um vermeintliche göttliche Ordnungen, zum Beispiel die Zweiheit der Geschlechter. Aber auch um Migration, die Angst vor dem Islam und die Frage, ob sich die Kirchen zu Corona-Zeiten richtig verhalten haben.“ Darüber könne man streiten, so Fritz weiter. „Hahne unterschlägt aber bewusst die Komplexität der Themen und verschärft dadurch das Gegeneinander der Menschen in der Kirche.“
Fritz: Nicht jeder Evangelikale oder Pietist hat rechtsextreme Positionen
Doch Hahne sei nur ein Beispiel, insgesamt sei die konservative religiöse Szene vielschichtig. Nicht jeder Evangelikale oder Pietist habe rechtsextreme Positionen, stellt Fritz klar. Für die Kirche bedeutet dieser Befund allerdings eine Herausforderung. „Ich empfehle mehr Toleranz gegenüber konservativen Kirchenmitgliedern, die nicht gendern wollen und Homosexualität für eine Sünde halten. Sonst driften sie noch weiter nach rechts“, warnt der Wissenschaftler.
Es handele sich um Menschen, die von der zunehmenden Liberalisierung in Theologie und Gesellschaft enttäuscht seien und sich in der Kirche immer weniger beheimatet fühlen. „Wir müssen den Dialog mit ihnen suchen. Denn es gibt auch ein legitimes ‚Rechts‘, zum Beispiel bei Konservativen innerhalb der CDU/CSU.“
Am Reformationstag spricht Martin Fritz über den Umgang mit Rechtsextremen
Am Reformationstag spricht Martin Fritz in Vorsfelde über den Umgang mit Rechtsextremen. Auch in anderen Gemeinden geht es an diesem Tag unter dem Motto „Demokratie stärken“ nicht nur um die Geschichte der Reformation, sondern um gegenwärtige politische Entwicklungen, das gesellschaftliche Miteinander und die Aufgabe der Kirche.
Den Vortrag „Christentum von rechts“ hält Martin Fritz am 31. Oktober um 18 Uhr in der St. Petrus-Kirche in Vorsfelde; weitere Infos unter www.reformation-neu-feiern.de