Alltags-Rassismus: Den Weg bedenken

Viele Menschen verhalten sich im Alltag rassistisch. Bewusst ist ihnen das oft nicht. Für People of Color (PoC) sind Fragen wie: „Wo kommst du her?“ trotzdem verletzend. Was tun gegen Rassismus?

Klare Ansage bei einer Demonstration (Archiv)
Klare Ansage bei einer Demonstration (Archiv)Imago / Ipon

Rassismus soll nicht sein. Darin sind sich hoffentlich alle Menschen guten Willens einig. Kompliziert wird’s, wenn man weiterfragt: Wie lässt sich Rassismus denn abschaffen? Die ernüchternde Antwort: Das kriegt man nicht allein über Empörung und Verbote hin. In einer Demokratie muss man Menschen mitnehmen und überzeugen. Das wird ein langer, schmerzhafter Weg. Rassistische Denkstrukturen sind tief im Alltag verankert. Das braucht Zeit. Aber einen anderen Weg, der zum Ziel führt, gibt es nicht – wie sehr man ihn sich auch herbeiwünschen mag.

Rassismus – das klingt nach Kolonien, Ku-Klux-Klan, kruden Nazi-Lehren. Aber es sind nicht immer nur die bösen Anderen, die Menschen wegen ihrer (vermeintlichen) Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Haare, ihres Namens oder ihrer Sprache diskriminieren und ausgrenzen. „Sie sprechen aber gut deutsch“, sagt der Gottesdienst-Besucher zur dunkelhäutigen Pastorin. Die bemüht sich um ein Lächeln: „Sie aber auch.“ „Naja“, antwortet der Mann, „ich bin hier geboren“. „Ich auch“, erwidert die Pastorin.

Rassistische Denkmuster sind tief verankert

Oft mögen es Gedankenlosigkeiten sein, Missverständnisse, fehlendes Problembewusstsein, wenn im Alltag rassistische Denkmuster ausgesprochen werden. „Wo kommen Sie denn her?“ „Sie sind aber auch nicht von hier.“ „Wie kommt man denn zu so einem Namen?“ Selbstverständlich ist das alles gar nicht böse gemeint – so beteuern es die Menschen ja auch regelmäßig, wenn man sie auf ihre Äußerungen anspricht. Nicht böse gemeint – und trotzdem ist es falsch. Denn bei den Menschen, die derart angesprochen werden, bleiben Gefühle von Verletzung, Ausgrenzung, Diskriminierung.

Mehr als jede zweite Person of Color (PoC: wörtlich übersetzt: Person von Farbe; im Deutschen wird der Begriff „Farbige“ wegen seiner kolonialistischen Vergangenheit aber nicht benutzt) hat laut einer Umfrage im Auftrag der Bundesregierung hierzulande Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht. Rassistische Denkmuster lauern überall. Sie sind tief verankert. In Kultur, Gesellschaft. In der Gemeinde. Auch in mir. Das zu erkennen, zu begreifen, diese Erkenntnis an sich heranzulassen und nicht gleich abzubügeln („ach, was für ein Quatsch!“), fällt nicht leicht. Umso wichtiger wäre es, diesen Weg geduldig zu gehen, und den zunehmend aggressiven Ton auf beiden Seiten zurückzufahren.

Auch Kirchen bieten Schulungen gegen Rassismus an

Hilfe bieten etwa Schulungen. Es gibt sie auch per Video, auch von den Kirchen – eine Chance zu lernen, wie man demnächst auf einer Familienfeier angemessen und zielführende reagiert, im Einkaufsmarkt oder in der kirchlichen Gremiensitzung, wenn es mal wieder so weit ist und sich das rassistische Alltagserbe unserer Kultur Bahn bricht.

Rassismus soll nicht sein! Wie ein elftes Gebot muss das ins Bewusstsein der Menschen gepredigt werden. Dazu zählt auch, über den Weg nachzudenken, wie man das Ziel am besten erreichen kann.