Aktion der Diakonie: Einfach mal mit Fremden reden

Kirche und Diakonie wollen den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Doch wie bringt man Menschen zusammen, die unterschiedlich sind?

Es gibt Musik und zu essen: Bei der Vesperkirche in der Hamelner Marktkirche kamen Seniorinnen und Obdachlose miteinander ins Gespräch.
Es gibt Musik und zu essen: Bei der Vesperkirche in der Hamelner Marktkirche kamen Seniorinnen und Obdachlose miteinander ins Gespräch.Anja Rothe

In der Hamelner Marktkirche St. Nicolai gab es das schon. „Unsere Seniorinnen saßen mit Obdachlosen an einem Tisch, haben zusammen gegessen und sich unterhalten“, erzählt Pastorin Heike Köhler. Eine „Supergemeinschaft“ sei das gewesen. Doch bei den vier Tagen im vergangenen Jahr, an denen die Vesperkirche ihre Tore geöffnet hatte, sei es nicht geblieben. „Wenn ich heute durch die Fußgängerzone laufe, kenne ich viele Leute, die sonst nicht in die Kirche kommen“, so die Pastorin. Das Schöne: Man komme unkompliziert ins Gespräch, weil man sich schon begegnet sei.

So ungefähr erhoffen es sich Kirche und Diakonie, wenn sie Kirchengemeinden und diakonische Einrichtungen jetzt mit ihrer Initiative „#VerständigungsOrte – Wir. Reden. Hier.“ zu ähnlichen Angeboten ermutigen wollen. Denn seit Jahren nähmen gesellschaftliche Spannungen zu, sagt Ulrike Single, Sprecherin des Diakonischen Werks in Niedersachsen. „Die Europawahl hat uns erneut vor Augen geführt, wie groß diese inzwischen sind.“ Besonders Kirche und Diakonie würden deshalb in der Verantwortung stehen, weil sie anerkannte Akteurinnen in den „Sozialräumen“ seien und mancherorts die einzigen größeren Veranstaltungsräume hätten, so Single.

Kirche und Diakonie sind auf Partner angewiesen

Die Kunst dürfte es allerdings sein, Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund zusammenzubringen und zum Austausch über gesellschaftliche Probleme zu gewinnen. „Die Teilnahme der Menschen hängt vom Ort der Veranstaltung und den beteiligten Partnern ab“, betont die Diakonie-Sprecherin. Infrage kämen kommunale Einrichtungen, Initiativen oder Sportvereine, aber auch Gruppierungen, die nicht gleich mit Kirche oder Diakonie assoziiert würden, so Single. „Da darf man auch mal um die Ecke denken.“

Mittlerweile hätten Kirche und Diakonie mit verschiedenen Dialogformaten Erfahrungen sammeln können. 2017 lud die erste Vesperkirche in Hannover zu einem Essen, zu Gespräch und Kulturprogramm ein. In Hameln, aber auch in Braunschweig und Lüneburg habe sich das Format inzwischen etabliert. Etwas Neues habe die Diakonie 2023 mit einem „Tischgespräch“ in einem Kulturzentrum ausprobiert, erzählt Single. Über verschiedene E-Mail-Verteiler und Social Media hätten unterschiedliche Gäste zum Austausch über Politik, Kultur und Inklusion zusammengefunden.

Vesperkirchen und Tischgespräche sollen in den kommenden Monaten wieder stattfinden. Termine stehen allerdings noch nicht fest.
Weitere Informationen über die „#VerständigungsOrte“ unter www.mi-di.de/verstaendigungsorte.