Aktion am 12. September 2015 – Grillfest im Niendorfer Gehege

Von der Zentralen Erstaufnahme in der Niendorfer Straße zum Café Corell und wieder zurück. – Ein eindrucksvoller Bericht von Ulrike Preuss.

Kaum hatte ich mich beim Wachdienst angemeldet, kam auch schon ein Junge auf dem Fahrrad angedüst, hielt mir den Flyer mit der Einladung entgegen und fragte strahlend: "Das da?" Dann düste er zurück und begann, allen Bescheid zu sagen. Auch einige junge Männer rührten die Werbetrommel. Schließlich zogen wir mit 100 großen und kleinen Bewohnern der ZEA zum Niendorfer Gehege. Die Bedenken der Organisatoren …"ob da überhaupt genug Leute zusammenkommen?…hatten sich als völlig unbegründet erwiesen.
Großzügig versorgt mit Müllsäcken und Pappbechern von Frau Jordan vom Sozialmanagement und kompetent begleitet vom Niendorfer Bünabe, Herrn Gembora, konnte nichts mehr schief gehen. Der hatte sichtlich Spaß an der Sache und kam vor allem bei den Kindern ganz groß an.
Nach 40 Minuten Fußweg erreichten wir den Grillplatz beim Waldcafé Corell. Die Organisatoren – ein bunt gemischter Freundeskreis von Niendorfern – hatten nicht nur erfolgreich Essen- und Getränke-Spenden bei einem Supermarkt eingeworben (danke!), sondern auch selber noch ordentlich aufgetischt. Von Würstchen über Grillkäse, von Kuchen bis Gummibären, von Couscous bis Baguette war alles da, was das Herz begehrt, liebevoll präsentiert unter ballon- und luftschlangengeschmückten Bäumen.
Doch nicht nur für das leibliche Wohl war gesorgt worden. Für die Kinder gab es eine "Malwerkstatt", zwischen dem Essen wurde ausgiebig Fußball, Federball und Frisbee gespielt. Der Clou war ohne Zweifel die "Musikanlage". Mit Einverständnis des Försters und dem Strom vom Café Corell gab es den ganzen Nachmittag über mal von dem einen, mal von dem anderen Handy Musik, und ich lernte eine Menge über die Unterschiede zwischen syrischem, kurdischem und libanesischem Pop…! Tanzten die Männer aus der ZEA die erste Stunde noch allein, so öffnete sich der Kreis später immer mehr und wurde zu einem großen, fröhlichen Kreisel aus Gastgebern und Gästen.
Auch die Gäste des Café Corell wurden auf uns aufmerksam. Spaziergänger, blieben stehen und sahen eine Weile zu und einige tanzten sogar mit.
Aber an diesem Nachmittag ging es nicht nur um Essen und Tanzen. Unverkrampft und auf Augenhöhe wollten wir einander begegnen an einem unbelasteten, neutralen und öffentlichen Ort, der sowohl Raum ließ für die, die sich einfach zurückziehen wollten, als auch für die, die bereit und offen waren für neue Bekanntschaften und Gespräche. Und Gespräche gab es viele: Erste Deutschkenntnisse wurden überprüft, einige hatten sogar ihre Übungszettel aus dem Deutschunterricht dabei und Herkunftsgeschichten wurden erzählt. Da ist das Zuhören manchmal schwer auszuhalten; was kann man schon Tröstendes oder gar Hilfreiches sagen, wenn jemand von seinem zerstörten Zuhause und seiner Familie erzählt, die noch in Syrien ist? Man kann nur zuhören – aber das kann man. Ein Mann spielte mir Musik seiner Lieblingssängerin vor und mit einem anderen tauschte ich die Grundlagen der arabisch-norddeutschen Kommunikation aus: "Marhaba" und "Moin"! Die Erläuterung, dass ein "Moin Moin" von manch alteingesessenem Norddeutschen als geradezu geschwätzig empfunden wird, wurde mit großer Heiterkeit aufgenommen, und wann immer wir uns an dem Nachmittag noch über den Weg gelaufen sind, gab es ein lautes "Moin Moin" und "Marhaba Marhaba".
Mit viel „Dankeschön“ für die Organisatoren machten wir uns erschöpft, aber sehr zufrieden auf den Rückweg. Für mich war es ein sehr schöner, berührender und eindrucksvoller Nachmittag, und ich bin sehr dankbar, dass ich dabei sein durfte.
Ulrike Preuss, – Wir für Niendorf