AfD bleibt extremistischer Verdachtsfall

Der Verfassungsschutz darf laut einem Urteil die AfD als extremistischen Verdachtsfall einstufen und unter anderem mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen lehnte in seiner am Montag in Münster veröffentlichten Entscheidung Berufungsklagen der AfD ab und bestätigte eine Entscheidung der Vorinstanz. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (AZ: 5 A 1218/22, 5 A 1217/22 und 5 A 1216/22) Eine Revision ließ das Gericht nicht zu. Die AfD kündigte an, gegen diese Entscheidung Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht einzulegen. Auch die Debatte um ein Verbotsverfahren ist wieder gestartet.

Der frühere Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, dringt auf einen raschen Verbotsantrag gegen die Partei. Der Berliner „tageszeitung“ (Dienstag) sagte der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete, er werde dazu in den kommenden Tagen Gespräche führen. „Mein Wunsch wäre, dass wir den Verbotsantrag noch vor der parlamentarischen Sommerpause des Bundestags einbringen.“ Zwar werde in allen Fraktionen kontrovers über diese Frage diskutiert. Er habe aber auch aus fast allen Fraktionen Zusagen für einen Verbotsantrag.

Skepsis hinsichtlich weiterer juristischer Folgen für die AfD äußerte hingegen die Düsseldorfer Parteienrechtlerin Sophie Schönberger von der Universität Düsseldorf. Der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Dienstag) sagte sie: „Die Richter in Münster haben nichts über eine mögliche Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem oder gar über ein Verbot ausgesagt.“ Die rechtlichen Grundlagen seien völlig unterschiedlich.

Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) unterstrich, dass die Entscheidung „nicht automatisch den Weg zu einem Verbotsverfahren der AfD“ ebne. „Ein solches sollte man nur anstrengen, wenn man sich sehr sicher sein kann, dass es auch erfolgreich wäre“, sagte er den Zeitungen der Essener Funke-Mediengruppe (Dienstag).

Das OVG in Münster sah bei der AfD insgesamt hinreichende Anhaltspunkte für Bestrebungen, die gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip gerichtet seien. „Hier liegen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass die AfD verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt“, sagte OVG-Sprecherin Gudrun Dahme. Allerdings sei es lediglich um die Beobachtung der AfD als Verdachtsfall mit nachrichtendienstlichen Mitteln gegangen. Ein solcher Verdacht bedeute jedoch nicht, dass eine Verfassungsfeindlichkeit der Partei erwiesen worden sei.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, bezeichnete am Montag in Köln die OVG-Entscheidung als ein „Erfolg für den gesamten Rechtsstaat, für die Demokratie und unsere freiheitlich demokratische Grundordnung“. Das Bundesamt werde nun „in einem ergebnisoffenen Prüfprozess“ zu gegebener Zeit zu einer weiteren Bewertung der AfD kommen.

Der Verfassungsschutz hatte die rechtspopulistische AfD 2021 als „extremistischen Verdachtsfall“ eingestuft, dagegen klagte die AfD. Das Verwaltungsgericht Köln bestätigte diese Einstufung der AfD und ihrer Jugendorganisation „Junge Alternative“ im März 2022 als rechtmäßig. Gegen diesen Gerichtsentscheid klagte die AfD erneut. Zudem ging es in Münster um die Einstufung des sogenannten Flügels der AfD als Verdachtsfall und als „gesichert extremistische Bestrebung“.