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Adventskalender-Wahnsinn: Konsumrausch ohne Ende

Von der Zählhilfe zum Konsumrausch: Wie Adventskalender ihre wahre Bedeutung verlieren und wie die einst spirituelle Vorbereitung auf Weihnachten heute im Marketing-Trubel untergeht. Ein Kommentar.

Eine YouGov-Studie zeigt, dass besonders die Gen-Z bereit ist, für einen Adventskalender tief in die Tasche zu greifen
Eine YouGov-Studie zeigt, dass besonders die Gen-Z bereit ist, für einen Adventskalender tief in die Tasche zu greifenimago / BREUEL-BILD

Adventskalender waren ursprünglich als schlichte Zählhilfen gedacht. Als Striche an Hauswänden etwa, oder als Kerze, die Tag für Tag herunterbrannte. Oder als gedruckte Bildkalender, hinter dessen Türchen sich Bibelverse oder Schokotäfelchen versteckten. Eine Idee, so unspektakulär wie brillant zugleich: Während das Warten versüßt wird, steigt die Vorfreude auf die Weihnacht.

Heute allerdings sind Adventskalender zum kapitalistischen Geschäftsmodell verkommen, die knallharte Marketingzwecke verfolgen. Das Geschäft mit der Sehnsucht nach Kindheitserinnerungen fährt heutzutage Rekordumsätze ein.

Adventskalender wecken Bedürfnisse, wo zuvor keine waren

Schon ab Oktober stolpert man in Super- und Drogeriemärkten oder großen Warenhäusern über handgepäckgroße Adventskalender, befüllt mit Bier oder Kosmetik, Badezusätzen, Saucen und Dipps, Playmobil und Lego. Kaum ein großes Unternehmen verzichtet darauf, seine Produkte in Miniatur hinter 24 Türchen zu verstauen, hübsch verpackt mit allerlei Plastik und Pappe. Dienen die Kleinigkeiten doch als perfekte Teststrecke für künftige Kaufentscheidungen oder wecken Bedürfnisse, von denen gestern noch niemand wusste.

Gen-Z zahlt hohe Preise für Adventskalender

Laut einer YouGov-Umfrage kaufen über die Hälfte der Deutschen sich selbst oder anderen einen fertigen, komplett befüllten Adventskalender. Besonders die Generation-Z ist dabei bereit, tief in die Tasche zu greifen und Preise von 50 Euro und mehr zu zahlen. Fachleute sprechen von einem inzwischen fest etablierten Konsumritual in der Vorweihnachtszeit. Und das muss man sich leisten können. Nur wer kann, gönnt sich den Luxuskalender. Alle anderen verschweigen beschämt die günstige Schoko-Variante.

Alternativen zum Konsum

Dabei gibt es abseits des Konsums Alternativen, die zeigen, dass es anders geht. Selbstgemachte Adventskalender mit Zeitgeschenken etwa. Ein gemeinsamer Ausflug, zusammen ins Kino, ein gemütliches Abendessen. Oder lebendige Adventskalender, bei denen sich Menschen an den Tagen vor Weihnachten an unterschiedlichen Orten in der Nachbarschaft treffen, um gemeinsam zu singen, zu quatschen oder zu basteln. Vorfreude, die nicht gekauft, sondern gelebt wird.

Unsere Autorin Angela Wolf
Unsere Autorin Angela WolfStudioline

Es ist an der Zeit, weniger im Rausch und mehr in Gemeinschaft auf Weihnachten zuzusteuern. Einst war die Adventszeit als Fastenzeit gedacht, zur spirituellen Vorbereitung auf die Ankunft Jesu Christi. Eine Zeit zur Einstimmung und um unsere Herzen für Gott und den Frieden zu öffnen. In all dem Konsumtreiben geht das verloren. Dabei wäre dieses Ritual heute wichtiger denn je. Frieden und Wärme, Vorfreude und Hoffnung. Vielleicht verpackt in 24 Türchen, damit es überall ankommt.