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50er-Jahre-Kirche in MV soll entwidmet werden

Keine Gottesdienste, keine Konzerte – die St.-Georgs-Kirche in Altstrelitz in Mecklenburg-Vorpommern ist gesperrt und soll bald aufgegeben werden. „Ein Skandal“, sagen manche.

Der Baubeauftragte der Propstei Neustrelitz, Holger John, erläutert die bauliche Situation der Altstrelitzer Kirche
Der Baubeauftragte der Propstei Neustrelitz, Holger John, erläutert die bauliche Situation der Altstrelitzer KircheNicole Kiesewetter

Risse ziehen sich durch Wände und den Fußboden der Altstrelitzer Kirche bei Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Bauzaun versperrt den Zutritt. Denn eine statische Prüfung vor zwei Jahren hat ergeben: Die Kirche ist nicht mehr standsicher. „Es war ein großer Schock für uns, dass wir die Kirche nicht mehr benutzen durften“, sagte Pfarrer Christoph Feldkamp jetzt im Sommer 2025 bei einer Informationsveranstaltung in Neustrelitz. Er und seine Amtskollegin Cornelia Seidel hatten gemeinsam mit Holger John, dem Baubeauftragten für die Propstei Neustrelitz, und dem Kirchengemeinderat dazu eingeladen. Öffentlich wollten sie einen Beschluss erklären, der im Laufe des Abends noch sehr emotional diskutiert werden sollte: Die St.-Georgs-Kirche soll entwidmet werden. Eine unter Denkmalschutz stehende Kirche aus den 1950er-Jahren.

750 000 Euro würde die Rettung der Kirche kosten

Theoretisch könnte sie zwar wieder standfest gemacht werden, erklärte der Baubeauftragte John. 1945 war die ursprüngliche Marienkirche abgebrannt, zwischen 1952 und 1959 unter schwierigen Bedingungen St. Georg an neuer Stelle errichtet worden. Doch die Sanierung würde nach aktuellem Stand rund 750 000 Euro kosten. Das Fundament müsste unterfasst werden, äußere Stützen und eine neue Dacheindeckung wären nötig.

Die Altrstrelitzer Kirche soll entwidmet werden
Die Altrstrelitzer Kirche soll entwidmet werdenKirchenkreis Mecklenburg

Die benötigte Summe kann die Kirchengemeinde nicht aufbringen. Die intensive Suche nach Geldgebern wie Stiftungen habe sich als aussichtslos erwiesen, sagte Pastor Feldkamp. Auch die Kommune sehe keine Möglichkeit und habe einem gemeinsamen Nutzungskonzept „eine ganz klare Absage erteilt“.

“Das ist ein Armutszeugnis, ja ein Skandal”

So sachlich die Fakten zu Beginn waren, so emotional war die Gesprächsrunde danach. So sagte der Neustrelitzer Kirchenmusiker Wolfgang Erben, die geplante Entwidmung sei „ein Armutszeugnis, ja ein Skandal“. Seiner Ansicht nach sei nicht das fehlende Geld der Grund, sondern der fehlende Wille. Der Kirchengemeinderat (KGR) habe einfach „über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden“. Ein weiterer Diskussionsteilnehmer kritisierte, „mit diesem Entschluss geben wir der Altstrelitzer Muttergemeinde den Todesstoß. Das ist bitter.“ Beklagt wurde zudem das Verfahren: dass kritische Stimmen nicht vor dem KGR-Beschluss gehört worden seien.

Pastorin Seidel entgegnete, es sei „ein schmerzhafter Prozess, aber wir können nicht jede Kirche erhalten“. Zur Gemeinde Strelitzer Land gehören auch noch die Stadtkirchengemeinde sowie die Gemeinden Altstrelitz, Wokuhl und Zierke. Und es gebe dort mehr als eine Baustelle, bei sinkenden Mitgliederzahlen: Im Bereich Alt Strelitz finde kaum noch Gemeindearbeit statt, zum Gottesdienst kämen im Schnitt fünf Teilnehmende. Das geistliche Zentrum seien die Stadtkirche und das Borwinheim. Die Kirchengemeinde hätte auch die Augen davor verschließen können, „doch das ist nicht unsere Art zu denken: Der liebe Gott wird’s schon richten“, sagte Seidel.

14 Kirchen in der Nordkirche sind von 2021 bis 2023 entwidmet worden

Entwidmungen seien bisher eine absolute Ausnahme, für die es hohe Hürden zu überwinden gelte, erklärte Kirchenkreis-Sprecher Christian Meyer, der den Info-Abend moderierte. Auf dem Gebiet der Nordkirche gebe es aktuell knapp 1900 Kirchen und Kapellen. Zwischen 2021 und 2023 seien 14 davon entwidmet worden. Im Kirchenkreis Mecklenburg habe es Mitte der 1990er-Jahre zwei Verkäufe von Kirchen gegeben: Die im 13. Jahrhundert gebaute Feldsteinkirche in Rollenhagen bei Neustrelitz ging an einen Berliner Künstler, der sie als Wohnraum nutzt. Die Inneneinrichtung fehlte damals, tauchte später in einer Scheune auf und befindet sich samt Altar heute in der Nachbarkirche in Rödlin. Die Kirche wurde mit einem Gottesdienst entwidmet, ebenso eine Kirche bei Wismar und zwei kleine Kapellen in Conow und Toddi sowie 2022 die Kapelle in Groß Kelle und 2021 die Bahnhofskapelle in Boizenburg.

Was geschieht bei einer Entwidmung mit dem Inventar?

Doch noch ein anderes Problem bewegte die Teilnehmenden: Was geschieht mit den Glocken, der Orgel, dem Inventar, dem vom Künstler Lothar Mannewitz eigens für die Kirche angefertigten Fenster, wenn St. Georg entwidmet wird?

Diese Fragen müssten geklärt werden, sagte Pastorin Seidel. Nicht selten sei es möglich, kirchliches Inventar in anderen Kirchengebäuden zu integrieren. Doch zunächst müssten andere Optionen geprüft werden: die fortgesetzte Nutzung für eigene kirchliche Zwecke, die Nutzung durch Dritte über verschiedene Verträge, der Verkauf oder der vorläufige Weiterbestand ohne Nutzung.

Er könne die Emotionen der Teilnehmenden sehr gut verstehen, sagte Christian Meyer zum Abschluss des Abends, „aber wir werden es als Kirche künftig nicht schaffen, an jedem Ort zu sein“.