3sat-Doku über die erstaunlichen Fähigkeiten von Insekten

Etwa 33.000 Insektenarten gibt es allein in Deutschland. Mit den erstaunlichen Fähigkeiten von Biene, Wespe, Hummel, Ohrwurm und Meerrettichblattkäfer befasst sich eine 3sat-Doku nun genauer – mit starken Nahaufnahmen.

Obwohl Insekten einen Großteil der heimischen Tierarten ausmachen, sind vielen eher nur Käfer, Libellen, Heuschrecken, Ameisen und Fliegen präsent. Noch viel weniger weiß man über ihr Verhalten – geschweige denn, dass die Neurowissenschaft das Gehirn von Insekten untersucht. Genau darum geht es in der 3sat-Dokumention „Smarte Insekten – Wie winzige Gehirne Geniales leisten“. Der renommierte Tier-Dokumentarfilmer Berndt Welz befasst sich am 12. Oktober um 20.15 Uhr ausführlich mit fünf tierischen Kleinlebewesen.

Seit 16 Jahren ist der Journalist, Regisseur und Produzent vom Ammersee vor allem Experte für Bienen. Welz hat schon viele Filme zum Thema produziert, beispielsweise für das ZDF über das Bienensterben. Spätestens da fing er an, sich auf Landwirtschaft, Artenschutz, Umwelt und später auch auf den Klimaschutz zu spezialisieren. Dank seiner Geduld gelingen ihm immer wieder einzigartige Aufnahmen.

Nahaufnahmen drehen Welz und Team mit speziellen Objektiven auf den Filmkameras, sogenannten Schnorchel-Linsen. Diese sehen aus wie große Spaghetti und erlauben es, extrem nahe an Insekten heranzukommen. Mit Teleskop-Kameras entstanden Innenaufnahmen aus einem Bienenstock. Solche winzigen Kameras nutzen beispielsweise auch Installateure, um ein Rohr von innen zu untersuchen. Animationen werden eingesetzt, wenn das Filmteam nicht so nahe an die Insekten herankommen konnte.

Konkret blickt der Film auf Wespen, Bienen, Hummeln, Ohrwürmer und Meerrettichblattkäfer. Deren Gehirne sind zwar winzig, dennoch sind die Tiere hochintelligent: Sie können Gesichter erkennen, perfekt navigieren und schwierige Denkaufgaben lösen, weiß Welz zu berichten. Hummeln etwa bestehen Verhaltenstests, die auch intelligente Krähen schaffen. Sie nutzen Werkzeuge, um an Zuckerwasser in einer Kunstblüte zu kommen. Klare Botschaft der Dokumentation: Insekten werden unterschätzt.

Die Verhaltensbiologin Elizabeth Tibbetts wundert sich nach eigenem Bekunden immer wieder, wie viel ihre Wespen lernen und verstehen. „Sie sind zwar keine Universal-Genies wie Künstler, aber in ihren Bereichen sind sie brillant“, erklärt die Forscherin der Universität von Michigan. Tibbetts weiß auch, dass die Tiere Gesichter abspeichern, Kämpfe von Gegnerinnen analysieren und strategisch denken können.

Das Fazit nach einer interessanten Dreiviertelstunde ist, dass die Welt der Insekten vielschichtiger ist als angenommen, ja, dass die Tiere sogar eigene Persönlichkeiten haben. Und das hat offenbar einen Grund: Eine Spezies, deren Individuen verschieden sind, kann sich besser an Umweltveränderungen anpassen – ein evolutionärer Vorteil für das Überleben der Art.

Welz möchte mit seinem Film wachrütteln für das massive Insektensterben durch den Verlust an Lebensraum und den Einsatz von Pestiziden in der Land- und Agrarwirtschaft. Er wirbt dafür, Insekten viel stärker zu schützen. Der Dokumentarfilmer verweist darauf, dass es in England derzeit Bestrebungen gebe, Insekten mit in das Tierschutzgesetz aufzunehmen.

Der Filmemacher appelliert an die Politik ebenso wie an jede und jeden Einzelnen, mehr auf Insekten zu achten und beispielsweise Pflanzenschutzmittel zu finden, die Schädlinge abhalten, andere Insekten aber nicht schädigen. Auch im Alltag plädiert er für eine friedliche Koexistenz. Wer um die erstaunlichen Fähigkeiten von Insekten weiß, wird beim nächsten Mal vielleicht innehalten, bevor er die nächste Wespe am Kuchenteller totschlägt.