Hamburger Kreuzweg für die Rechte von Geflüchteten

Seit 2000 ziehen jedes Jahr an Karfreitag Menschen durch die Hamburger Innenstadt. Sie folgen einem Kreuz, das getragen wird. Die Botschaft: Es gibt Lösungen. Auch für den Umgang mit Geflüchteten.

Mit Transparent und Kreuz ziehen die Engagierten jährlich Karfeitag durch Hamburgs Innenstadt.
Mit Transparent und Kreuz ziehen die Engagierten jährlich Karfeitag durch Hamburgs Innenstadt.Nordkirche/Claudia Ebeling

Zuerst, erinnert sich Dietrich Gerstner, galt der Kreuzweg offiziell als Prozession. Mittlerweile muss er ihn als Demonstration anmelden. „Das stimmt beides gleichermaßen“, sagt er. „Uns geht es darum, die Verbindung von Poli­tik und Glauben auf die Straße zu bringen.“

Dietrich Gerstner lebt in der Diakonischen Basisgemeinschaft „Brot & Rosen“ in Hamburg. Hier, unter einem Dach mit Schutzsuchenden, entstand die Idee, einen „Kreuzweg für die Rechte von Geflüchteten“ zu organisieren. Im Jahr 2000 fand dieser erstmals statt. Neben „Brot und Rosen“ beteiligen sich Initiativen der kirchlichen Flüchtlingsarbeit.

Veranstalter ziehen Parallele zur Abwehr von Flüchtlingen

„Wie Jesus am Kreuz gelitten hat, leiden heute Menschen auf der Flucht. Und wie Jesus am Kreuz sterben musste, sterben heute Menschen auf der Flucht“, sagt Gerstner. Auf dem Kreuzweg werde deutlich gemacht, dass es Lösungen gibt. Aber auch, dass sich das Leid so leicht nicht auflösen lässt. Es gebe auch heute Menschen wie Simon von Kyrene, der Jesus half, das Kreuz zu tragen. Ausgrenzung sichtbar machen, Solidarität zeigen, darum gehe es den Veran­staltern.

Der Kreuzweg steht in jedem Jahr unter einem Motto unter bestimmten Worten. In diesem Jahr stammen sie aus dem Markusevangelium. „Bin ich denn ein Verbrecher, dass ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen seid, um mich festzunehmen?“, sagte Jesus zu den Soldaten bei seiner Festnahme im Garten Gethsemane. Die Veranstalter ziehen eine Parallele zur Abwehr von Menschen auf der Flucht an Europas Grenzen.

Kreuzweg-Station: AfD-Zentrale

Jahr für Jahr werden unterschiedliche Routen für den Weg festgelegt, die durch die Innenstadt der Hansestadt führen. Unterwegs gibt es Stationen mit Impulsen: Information von unterschiedlichen Initiativen, Gebet, Stille, Mitmach-Aktionen. Der Fußweg vor der Hamburger AfD-Zentrale soll in diesem Jahr eine Kreuzweg-Station bieten, um auf rechte Narrative hinzuweisen, die zunehmend Poli­tik und Gesellschaft prägen.

Am Mahnmal Nikolai, der Innenstadtkirche, die im Zweiten Welt­krieg zerstört wurde und den Opfern von Krieg und Gewaltherr­schaft zwischen 1933 und 1945 gewidmet ist, soll an die Menschen erinnert werden, die heute in Gaza festsitzen – und nicht fliehen können.

Flugblätter für Touristen

An dem Kreuzweg beteiligen sich auch Gruppen und Einzelpersonen, die dem Christentum nicht nahestehen. Wichtig sei daher, dass nicht nur das hölzerne Kreuz, sondern auch das Transparent gut zu erkennen sei: „Kreuzweg für die Rechte der Flüchtlinge“, steht auf diesem in großen Lettern. Die politische Prozession fällt auf. Flugblätter werden verteilt, etwa an neugierige Touristen, die über Ostern in der Stadt sind. „Je besser das Wetter, desto mehr Leu­te sind unterwegs“, meint Gerst­ner. „Und je größer die Menschenmenge, desto schwieriger ist es für uns, zusammenzubleiben.“

Der Kreuzweg endet zur Todes­stunde Jesu mit einem Gottesdienst in einer Kirche. Anfangs habe man diesen Moment noch mitten in der Stadt erlebt, erinnert sich Gerstner. Aber dann sei der Wunsch aufge­kommen, den Kreuzestod Jesu in Ruhe zu bedenken. „Wir haben viel Bewegung erlebt, so viele Inhalte gehört. Da ist eine andere Ebene auch wichtig.“