Zwei-Meter-Mann wechselt in die Mainzer Staatskanzlei

Aufzufallen war eigentlich noch nie das Problem von Alexander Schweitzer. Der Sozialdemokrat aus der Pfalz misst stolze 2,06 Meter und überragt seine bisherige Chefin um Längen. Am Mittwoch wurde er nach dem Rücktritt von Malu Dreyer (SPD) erwartungsgemäß zum neuen Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz gewählt – und bekam dabei sogar noch mindestens drei Stimmen aus der Opposition.

Der 50-jährige Jurist wurde bereits seit Jahren als möglicher Nachfolger gehandelt. Nach eigener Aussage wurde er selbst jedoch erst seit wenige Tage vor Dreyers Rücktrittserklärung von ihrer Entscheidung informiert. Den vorzeitigen Abtritt von der politischen Bühne hatte Dreyer damit begründet, sie könne ihren Verpflichtungen nach Jahren voller herausfordernder Krisen nicht mehr mit der nötigen Kraft nachkommen. Das schlechte Wahlergebnis der SPD bei den jüngsten Kommunal- und Europawahlen habe mit dem Schritt nichts zu tun.

Mit dem Rückzug aus dem Amt in der laufenden Legislaturperiode setzt Dreyer gewissermaßen eine Tradition fort. Auch sie selbst war 2013 aus dem Sozialministerium in die Staatskanzlei umgezogen, nachdem ihr Amtsvorgänger Kurt Beck (SPD) sein Amt aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hatte und mit seiner Entscheidung einen SPD-internen Nachfolgestreit verhinderte. Und schon einmal hatte Dreyer ihren Parteifreund Schweitzer als ihren Nachfolger vorgestellt. Der damalige Generalsekretär der Landes-SPD hatte vorübergehend ihr Ministerium übernommen. Bereits damals hatte Dreyer den dreifachen Vater, der seit einigen Jahren strikt vegan lebt, als Politiker mit hoher sozialer Kompetenz gewürdigt: „Hier sitzt ein Mensch, der weiß, was soziale Gerechtigkeit bedeutet.“

Schweitzer wurde 2014 Fraktionsvorsitzender der SPD im rheinland-pfälzischen Landtag, wo er zu den rhetorisch stärksten Rednern zählte. 2021 kehrte er an die Spitze des reformierten rheinland-pfälzischen Ministeriums für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung zurück. Nach der Neuauflage der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP wurde er bereits als „Superminister“ gehandelt. Tatsächlich lenkte der gebürtige Landauer sein Ressort souverän, ohne in die Negativschlagzeilen zu geraten. Aber mit weitreichenden Neuerungen konnte er bislang kaum punkten. Angesichts der vielen aktuellen Krisen fanden seine Initiativen zur Transformation der Arbeitswelt, die Digitalisierung der Pflegeausbildung oder neue Ansätze bei der Wohnungslosenhilfe nur eine begrenzte öffentliche Wahrnehmung.

Die Fehler der Mainzer Landesregierung im Zusammenhang mit der Ahrtal-Katastrophe, die die zurückliegenden Jahre überschatteten, sind Schweitzer nicht anzulasten. Dass die Dreyer-Nachfolge so geräuschlos geregelt werden konnte, war im Vorfeld dennoch nicht absehbar. Außer dem Sozialminister wurden auch der SPD-Fraktionsvorsitzenden Sabine Bätzing-Lichtenthäler, die Chefin der Landespartei werden soll, und Innenminister Michael Ebling entsprechende Ambitionen nachgesagt.

Schweitzer sagte nach Dreyers Rücktrittserklärung, er wolle den kollegialen Stil in seiner Partei und der rheinland-pfälzischen Ampel-Regierung fortsetzen. Trotz des künftigen Spitzenamtes werde er sich bemühen, weiter auch für seine Familie da zu sein: „Meine Frau trägt das mit großer Fassung. Wir kennen uns seit Schulzeiten, weder sie noch ich hätten damit gerechnet, dass ich einmal hier so stehe.“ Ob Schweitzer über die nächsten Landtagswahlen 2026 hinaus Regierungschef bleiben wird, ist allerdings ungewiss. In Umfragen hat seine Koalition aktuell keine Mehrheit mehr. Der neue Mainzer Regierungschef schiebt dies auf das schlechte Bild, das die aktuelle Bundesregierung abgebe. „Wir sind die vernünftige Ampel“, erklärte er in einem Zeitungsinterview.