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Zum Tod von Rudolf Weckerling: Weitherziger Seelsorger

Als wir Rudolf Weckerling kennenlernten, war er der Alte und wir die Jungen, er der erfahrene Ökumeniker, wir die gerade erst flügge Werdenden. Das war in den 1980er Jahren im Praktisch-Theologischen Ausbildungsinstitut in Westberlin. Und obwohl er unser Vater oder Großvater hätte sein können, war er eben so anders als die, die wir kannten … Von Freyja Eberding, Ute Gniewoß, Tilman Hachfeld, Thomas-Dietrich Lehmann und Christian Staffa

Nachruf von Freyja Eberding, Ute Gniewoß, Tilman Hachfeld, Thomas-Dietrich Lehmann und Christian StaffaAls wir Rudolf Weckerling kennenlernten, war er der Alte und wir die Jungen, er der erfahrene Ökumeniker, wir die gerade erst flügge Werdenden. Das war in den 1980er Jahren im Praktisch-Theologischen Ausbildungsinstitut in Westberlin. Und obwohl er unser Vater oder Großvater hätte sein können, war er eben so anders als die, die wir kannten. Er kritisierte unsere Kirche, ihre nicht gelungene Vergangenheitsbearbeitung, ihre Provinzialität und hierarchische Institutionalisierung. Ein wichtiger und polemischer Begriff war dabei „Schwarze Besatzungsmacht“. Rudolf fand, dass die Pfarrerinnen und Pfarrer Macht abgeben, mehr Raum für das Engagement der Gemeindeglieder geben müssten. Gleichzeitig aber war er unserer Kirche sehr verbunden, sah unendlich viele ungenutzte Möglichkeiten im Kleinen und im weltweiten ökumenischen Horizont.

Wir sind verschiedene Wege mit ihm gegangen, durften mit ihm Lernende bleiben bei Friedel Marquardt, im jüdisch-christlichen Dialog oder in der Arbeit bei „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V.“. Die eine arbeitete eine Weile mit ihm in einer Gemeinde in Nigeria, andere besprachen mit ihm die Gemeindearbeit vor Ort. Dabei haben wir ihn immer wieder als „Arbeitgeber“ erlebt, denn oft endeten Besuche bei ihm nicht nur mit einem Segen, sondern auch mit Aufgaben, die wir gern angenommen haben. Wir haben gemeinsam versucht, Zeitgeschehen zu verstehen, haben mit ihm in der Bibel gelesen, gesungen, auch beim Frühstück daheim, und Gottesdienste gefeiert.

Wir erfuhren ihn als spirituellen Mentor, Bruder, Freund, Lehrer oder Vaterersatz und als weitherzigen und hellsichtigen Seelsorger. Heute sind wir nicht mehr die Jungen und versuchen seiner Gelassenheit und seinem „jung geblieben Sein“ in seiner Hoffnung und in seinem Glauben nachzuspüren, nachzueifern. Er hat uns in der Wüste Blumen und Wasser sehen lassen, auch in dieser Kirche. Gott sei Dank für Rudolf.

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