Zisch, Bang, Bumm – eine Schau widmet sich dem Feuerwerk
Kein Appell von Umweltgruppen oder Kirchen hat der jährlichen Silvester-Böllerei Abbruch tun können. Eine kulturhistorische Ausstellung in Berlin befasst sich jetzt mit der Faszination Pyrotechnik.
Ein meterhohes Schloss wird gebaut, aus Holz und Pappe – um es danach nach allen Regeln der Feuerwerkskunst in die Luft zu jagen. Spektakel wie diese waren vor Jahrhunderten an Europas Höfen gang und gäbe. Eine solche Aktion hielt etwa Claude Lorrain Anfang Februar 1637 in mehreren Kupferstichen fest anlässlich der Krönung Ferdinand III. zum “König der Römer”.
Zu sehen ist das Werk in einer Ausstellung der Kunstbibliothek am Berliner Kulturforum: Sie widmet sich dem Thema unter dem Titel “Durchgeknallt und abgebrannt: Feuerwerkskünste aus fünf Jahrhunderten”. Im Mittelpunkt der Schau stehen demnach großformatige Kupferstiche und historische Bücher, die über die internationale Entwicklung des Feuerwerks für Kriegs- und Festzwecke Auskunft geben, wie Kuratorin Maren Wienigk am Dienstag in Berlin ankündigte. Feuerwerk habe seit Jahrhunderten “Überwältigungsmomente”. Es gehe aber auch um eine kritische Einordnung von Pyrotechnik.
Feuerwerk sei etwas “Flüchtiges” – aber das Ergebnis einer monatelangen Zusammenarbeit von Architekten, Bühnenbildnern, Pyrotechnikern, Choreographen und Musikern, so Wienigk.
Die Sonderausstellung wurde demnach in Kooperation mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und der Gesellschaft für Deutsch-Chinesischen Kulturellen Austausch konzipiert (GeKA). Sie läuft bis zum 9. Februar 2025. Leihgaben kommen aus dem Kosmos der Staatlichen Museen zu Berlin, etwa dem Ethnologischen Museum, der Gemäldegalerie oder dem Museum für Islamische Kunst.
“Das Wissen über Feuerwerke kommt aus der Kriegstechnik”, stellte Kunsthistorikerin Wienigk fest. Auch Friedensbeschlüsse wurden unter Einsatz von Kanonen, Sprengkörpern und Wasserbomben zelebriert – etwa der Westfälische Frieden, der zwei Jahre nach seinem Beschluss im Jahr 1650 mittels eines Feuerwerks gefeiert wird, wie ein Kupferstich aus Nürnberg festhält. “Der Krieg wird mit Mitteln des Krieges vernichtet”, so die Kuratorin.
Üblich war auch, Drachen und Elefanten, Monster und Ungeheuer in aufwendigen Konstruktionen zusammenzubasteln und mit Hilfe von Raketen an Schnüren zum Leben erweckt. Die pyrotechnisch animierten Kreaturen krachten, flogen durch die Luft und explodierten: “Oft symbolisierten sie das Böse, das vertrieben werden sollte”, heißt es in der Ausstellung.
Manchmal wurde Feuerwerk auch zu Propagandazwecken eingesetzt, wie ein Foto zur Maikundgebung der Nazis 1933 zeigt: Nach einer Rede von Adolf Hitler auf dem Tempelhofer Feld wird “mit eindrücklichen Effekten ein Feuerwerk gezündet” und dadurch pointiert die erzeugte Massenbegeisterung des gesamten Tages verstärkt.
Auch zeitgenössische Werke werden gezeigt, so mehrere Bleistiftzeichnungen der Künstlerin und Pyrotechnikerin Sandra Kranich; dargestellt sind Sonnen- und Feuerräder, mit denen bereits die Feuerwerkskünstler des 16. und 17. Jahrhunderts experimentierten.
Doch wie zeitgemäß ist Feuerwerk noch heute, angesichts seiner zerstörerischen Wirkung auf die Umwelt und der Verletzungsgefahr, die es – vor allem privat gezündet – in der Silvesternacht birgt? Augenverletzungen, verlorene Finger, Retraumatisierung von Kriegsflüchtlingen: Alljährlich warnen Polizeigewerkschaften, Ärzteverbände und Umweltorganisationen vor dem privaten Silvesterfeuerwerk.
Diese Debatte soll das Begleitprogramm der Ausstellung auffangen, so die Veranstalter. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, sagte, seine Organisation sei nicht gegen rauschende Feste. Grundsätzlich müsse es aber darum gehen, Alternativen zum Feuerwerk zu finden – besonders zur privaten Knallerei in der Silvesternacht. Diese habe schwerwiegende ökonomische, ökologische und gesundheitliche Folgen für Mensch und Tier.
Auch “die Pyromanen” sollen im Begleitprogramm zu Wort kommen, sagte der Direktor der Kunstbibliothek, Moritz Wullen. So sei etwa eine Diskussion mit dem Bundesverband für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk geplant.
Dieser ist mit der Ausstellung nicht einverstanden, wie er in einem zur Eröffnung verbreiteten Statement schreibt: Die Schau biete keine anspruchsvolle Auseinandersetzung, sondern sei eine “unterkomplexe und überwiegend negative Darstellung der Feuerwerkerei”. Feuerwerk sei aber eine vielgestaltige Kulturtechnik, “die Millionen Menschen fasziniert”.