Zentralrat kritisiert Diskriminierung von Roma aus der Ukraine

Die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) hat in Deutschland zahlreiche Fälle von Antiziganismus gegenüber geflüchteten ukrainischen Roma registriert. Roma, die seit Februar 2022 vor dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet sind, erlebten direkte, strukturelle und institutionelle Diskriminierungen, heißt es in dem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Monitoringbericht.

MIA-Bundesgeschäftsführer Guillermo Ruiz Torres betonte, die alltägliche Diskriminierung zeige sich an dem fehlenden oder eingeschränkten Zugang dieser Menschen zu menschenwürdigem Wohnraum, zu Bildung, Sozialleistungen und zu weiteren Hilfs- und Dienstleistungen. Unter anderem spricht der Bericht von einem diskriminierenden Umgang der Betroffenen durch Polizeibeamte, Mitarbeiter der Deutschen Bahn, in der Verwaltung, in der Sozialen Arbeit sowie im Bildungssektor. Geflüchtete ukrainische Roma würden in Geflüchtetenunterkünften und Schulen „segregiert“ und müssten zum Teil monatelang auf einen Schulplatz warten. Die betroffenen Kinder hätten geringere oder gar keine Chancen, erfolgreich am deutschen Bildungssystem teilzuhaben.

Zudem würden Roma verdächtigt, keine „echten Kriegsflüchtlinge“ zu sein. So gebe es „Aufforderungen der Bundes- und Landesbehörden“ vom Herbst 2022 an die zuständigen untergeordneten Behörden, Geflüchteten, die neben der ukrainischen auch die Staatsbürgerschaft eines EU-Landes, in der Regel Ungarn, besitzen, die Flüchtlingseigenschaft und damit die vom Gesetz her zustehende Unterstützung zu verweigern. MIA verurteilte dies Vorgehen als „antiziganistische Diskriminierung“ und forderte die Rücknahme dieser Verwaltungspraxis. Vielmehr müssten die ukrainischen Roma als Nachkommen von Holocaust-Überlebenden sowie die wenigen Überlebenden des Völkermords von der Bundesregierung als besonders schutzwürdige Gruppe anerkannt werden, sagte Ruiz Torres.

Laut UN-Flüchtlingshilfe hatten zu Beginn dieses Jahres, fast zwei Jahre nach Beginn des Ukraine-Krieges, mehr als 6,3 Millionen Menschen aus der Ukraine Zuflucht im Ausland gesucht, heißt es in dem MIA-Bericht. Mehr als 1,1 von ihnen flüchteten nach Deutschland. Laut MIA-Bericht gehen Schätzungen von bis zu 400.000 in der Ukraine lebenden Roma aus. Bei einer Volkszählung in der Ukraine im Jahr 2001 hätten sich lediglich 47.600 Personen selbst als Roma bezeichnet. Wie viele von ihnen nach Deutschland geflüchtet sind, ist unbekannt.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma mit Sitz in Heidelberg sieht sich durch den aktuellen Antiziganismus-Bericht bestätigt. „Roma werden als Kriegsflüchtlinge wegen ihrer Abstammung rassistisch ausgegrenzt“, erklärte der Vorsitzende des Zentralrats, Romani Rose. Verstärkt werde dies „durch die Berichterstattung einiger Medien“. Deren „vorurteilsbeladenes Bild“ sorge „für den Ausschluss der Minderheit von der deutschen Aufnahmekultur, nicht nur in der Bürokratie, sondern auch in der Gesellschaft“. Die Menschen, die in Deutschland ankommen, seien durch den Krieg oft schwer traumatisiert und verdienten Schutz und nicht Ablehnung und Antiziganismus. (0794/17.04.2024)