Ministerpräsident und Innenminister sprechen von einer “Migrationswende” in Bayern im ersten Halbjahr 2025. Der Flüchtlingsrat wirft ihnen vor, in der Migrationspolitik nur noch auf Abschottung zu setzen.
In Bayern ist die Zahl der Asylanträge im ersten Halbjahr 2025 um fast 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Zugleich stiegen die Abschiebungen um 28 Prozent. Das gaben Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) am Donnerstag in München bekannt. Insgesamt habe es auch mehr Aus- als Einreisen gegeben. Die Zahl der Ausreisen liege sogar auf einem Zehn-Jahres-Rekord. Weiter sei die Dauer der Asylverfahren von 17 auf sieben Monate gesunken.
Laut Söder sind die strengen Grenzkontrollen, schnelle Verfahren und die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber für diese “Migrationswende” ausschlaggebend. “Das Prinzip Sachleistung statt Geldleistung funktioniert.” Weiter sprach er sich für mehr Abschiebeflüge insbesondere auch nach Afghanistan und dauerhaften Ausreisearrest für Straftäter aus. Herrmann ergänzte, höchste Priorität habe für ihn, Straftäter zurückzuführen. Bis Ende Juni habe der Freistaat 674 Personen abgeschoben, die strafrechtlich verurteilt worden seien. Der Anteil der Straftäter unter den Rückgeführten habe damit über 38 Prozent betragen.
Die aktuellen Entwicklungen wirken sich den Angaben zufolge auch auf die Unterbringungssituation in den Kommunen aus. “Lebten Ende 2024 noch 138.000 Personen in bayerischen Asylunterkünften, lag die Zahl Ende Juni bei 128.800 Personen”, hieß es. Dennoch sei es für eine Entwarnung zu früh.
Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisierte die Maßnahmen scharf: “Was wir erleben, ist eine Wende hin zu populistischer Stimmungsmache, rechtlichen Grauzonen und einem gefährlichen Abbau rechtsstaatlicher Prinzipien.” Die sinkenden Asylzahlen etwa stünden in keinem nachweisbaren Zusammenhang mit der Bezahlkarte. Menschen würden nicht wegen Sozialleistungen, sondern vor Krieg, Verfolgung und existenzieller Not fliehen. “Die Behauptung, die Bezahlkarte habe abschreckende Wirkung, ist ein längst widerlegtes Narrativ.”
Auch die verstärkten Grenzkontrollen lösten keine Probleme, heißt in der Stellungnahme des Flüchtlingsrats weiter. Sie führten vor allem zu Überstunden bei der Bundespolizei und zu rechtswidrigen Zurückweisungen. Statt konstruktiver Migrationspolitik werde in Bayern eine Politik der Abschottung betrieben. Der Flüchtlingsrat vermisst nach eigenen Angaben Lösungen dafür, wie Fluchtursachen bekämpft, Arbeitsmigration erleichtert und sichere Fluchtwege geschaffen werden können.