Wohlfahrtsverbände warnen vor Verrohung in Migrationsdebatte

Eine „dramatische Verrohung des gesellschaftlichen Klimas“ beobachten die bayerischen Wohlfahrtsverbände in der aktuellen Debatte über Migration und Asylrecht nach dem Anschlag von Solingen. „Wir müssen feststellen, dass in unserer Gesellschaft und damit in unserem Land derzeit die Menschlichkeit aus den Fugen gerät“, sagte Brigitte Meyer, Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege Bayern, am Dienstag laut Mitteilung. „Diese Entwicklung ist alarmierend und erfüllt mich auch persönlich mit großer Sorge.“ Die Politik sei gefordert, durch besonnene und sachliche Debatten Brücken zu bauen, statt weitere Gräben aufzureißen und die Verunsicherung im Land zu verstärken.

Das Asylrecht, geltendes EU-Recht, die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention dürften nicht zum Spielball politischer Kurzschlusshandlungen werden, heißt es in der Mitteilung weiter. Das geltende Recht biete bereits heute den notwendigen Rahmen, um Migration zu steuern. Es gehe vielmehr um den Vollzug und die konsequente Anwendung des bestehenden Rechtsrahmens. Dafür brauche es eine ausreichende personelle Ausstattung der Ausländerbehörden, ein konsequentes Vorgehen der zuständigen Behörden und den überfälligen Ausbau der Strukturen der Asyl-, Integrations- und Migrationsberatung, wie sie etwa von den Wohlfahrtsverbänden geleistet werde.

Ein terroristischer Anschlag von Extremisten könne nicht durch Integrationsarbeit verhindert werden, sondern nur durch die konsequente Anwendung geltenden Rechts und eine entsprechende Ausstattung der zuständigen Vollzugsbehörden, so die Wohlfahrtsverbände. Es sei jedoch fatal, wenn mehr als 1,3 Millionen Flüchtlinge in Deutschland unter Generalverdacht gestellt und die positiven Aspekte einer gelungenen Zuwanderung ausgeblendet würden.

Keine Krise werde durch Spaltung, Angst oder verbales Kräftemessen gelöst. Gefragt seien vielmehr Mut, Zusammenhalt und das gemeinsame Eintreten für demokratische Werte. „Regierung und Opposition, Bund und Länder, vor allem aber die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes müssen zusammenstehen und die Menschlichkeit hochhalten. Wir alle sind gefordert“, so Meyer.

In der Freien Wohlfahrtspflege Bayern sind das Bayerische Rote Kreuz, die Arbeiterwohlfahrt, der Landes-Caritasverband Bayern, die Diakonie Bayern, der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern und der Paritätische Wohlfahrtsverband Bayern organisiert. (00/2606/03.09.2024)