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Wohlfahrtsverbände warnen vor Spaltung – “schmerzhafte Reformen”

Eine soziale Infrastruktur sei zentral für einen Staat, sagt ein Experte. Daher: “Man sollte sich, gerade in diesen Zeiten, deshalb zweimal überlegen, bevor man genau an dieser Stelle den Rotstift ansetzt.”

Aus Sorge vor drohenden Einsparungen im Bundeshaushalt warnen Sozial- und Wohlfahrtsverbände vor einer Spaltung der Gesellschaft. “Der Kanzler sieht die soziale Arbeit zu sehr als Kostenfaktor”, kritisierte der Präsident der Diakonie Deutschland, Rüdiger Schuch, im Interview der “Augsburger Allgemeinen” (Mittwoch). Er warnte vor einer Gefährdung des sozialen Friedens. Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbandes Deutschland, Michaela Engelmeier, zeigte sich besorgt darüber, dass die derzeitige Politik der schwarz-roten Koalition Gräben weiter aufreißen könnte.

Schuch sagte, er habe immer stärker das Gefühl, dass die Regierung den Sozialstaat nur als Problem wahrnehme. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sehe “zu wenig, dass Menschen, die im Bürgergeld gefördert werden und auf den ersten Arbeitsmarkt kommen, ihr Leben wieder eigenständig gestalten können und einen wichtigen Beitrag für diese Gesellschaft leisten.” Ähnliches gelte für die Eingliederungshilfe.

Engelmeier warf der Regierung vor, mit der Stromsteuer die Wirtschaft, aber nicht private Haushalte zu entlasten. Zugleich drohe CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann “mit einem heißen Herbst der schmerzhaften Reformen”. Das seien Mosaiksteinchen, “die Millionen Menschen eher beunruhigen und zudem die Spaltung der Gesellschaft befeuern, vielleicht sogar die Demokratie gefährden”.

Joß Steinke, Leiter Jugend und Wohlfahrtspflege beim Deutschen Roten Kreuz, lobte die Regierung zwar für “eine gewisse Kontinuität” im Haushalt für 2026. Er kritisierte aber, dass die Fortschreibung der Haushaltsansätze gestiegenen Kosten für Personal und anderen Fixkosten nicht gerecht werde und eine Kürzung sei.

“Wir haben bereits in den letzten Jahren gesehen, dass soziale Einrichtungen und Angebote reduziert oder geschlossen werden mussten, obwohl die Bedarfe da sind.” Dabei sei die soziale Infrastruktur zentral für einen funktionierenden Staat und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. “Man sollte sich, gerade in diesen Zeiten, deshalb zweimal überlegen, bevor man genau an dieser Stelle den Rotstift ansetzt.”