Wohlfahrtspflege: Bezahlkarte für Flüchtlinge erschwert Integration

Die Freie Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen bewertet die geplante Einführung einer Bezahlkarte für Asylsuchende kritisch. Eine Bezahlkarte sollte höchstens als Übergangslösung eingeführt und nur in Aufnahmeeinrichtungen des Landes eingesetzt werden, bis ein Bankkonto für die Asylsuchenden eröffnet werden könne, teilte die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW am Dienstag in Düsseldorf mit. Die flächendeckende Einführung einer Bezahlkarte verhindere Teilhabe und Integration der Flüchtlinge. Sie sei zu teuer und erfordere einen hohen Verwaltungsaufwand.

Politisch begründete Leistungskürzungen, die im Zusammenhang mit der Bezahlkarte stünden und Schutzsuchende abschrecken sollten, seien nicht zulässig – und auf Dauer gesamtgesellschaftlich zu teuer, erklärte die Arbeitsgemeinschaft. Statt eine Bezahlkarte einzuführen, sei es besser, die Asylsuchenden mit einem Bankkonto auszustatten. Bereits jetzt überwiesen Sozialämter vieler Kommunen in NRW die Leistungen per Kontoüberweisung an die Empfänger.

„Wenn es bei der Bezahlkarte um eine Entlastung der Kommunen und Verwaltungsvereinfachung geht, brauchen wir sie in NRW nicht“, sagte Michael Mommer von der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen. „Die bestehende Lösung per Banküberweisung hat sich bewährt.“ In der Debatte um die Bezahlkarte werde „eine Scheinlösung für ein Scheinproblem diskutiert“.

Die derzeitigen Planungen zur Bezahlkarte trügen zur Diskriminierung und Entmündigung der Asylbewerber bei, hieß es. „Auf Flohmärkten können Geflüchtete damit nicht mehr günstig einkaufen, Kinder brauchen auf Schulausflügen Kleinstbeträge in bar, Jugendliche können keinem Sportverein beitreten, da sie die Mitgliedsbeiträge nicht überweisen können“, mahnte Mommer.

Sollten Bezahlkarten in den Kommunen dennoch eingeführt werden, seien Vorgaben durch die Landesregierung unerlässlich, damit kein Flickenteppich entstehe. Es sollte nicht jede Kommune für sich die Details zur Einführung der Bezahlkarte entwickeln, betonte die Freie Wohlfahrtspflege NRW.

Im November hatten sich Bund und Länder für die Einführung einer möglichst einheitlichen Bezahlkarte ausgesprochen, die Geldleistungen an Asylbewerber ersetzen und Überweisungen an die Familie im Herkunftsland verhindern soll. Der Bund hatte zugesagt, dafür Gesetze zu ändern, sollte dies notwendig sein. In der Ampel-Koalition gab es Streit darum, wie weit die Änderungen gehen sollen. Am Mittwoch kommen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Regierungschefinnen und -chefs der Bundesländer für Beratungen über die Flüchtlingspolitik zusammen.